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Berlin: Arztprotest: Sind Patienten gefährdet? Aufregung um Behandlungs-Streik

Krankenhäuser nicht betroffen

Gefährden die Ärzte mit ihren geplanten Protestaktionen ihre Patienten? Wie der Tagesspiegel gestern berichtete, wollen die Berliner Mediziner ab dem 27. Januar alle Praxen in einem kompletten Bezirk für jeweils eine Woche schließen. So kann es passieren, dass beispielsweise ein Patient mit einer Stirnhöhlenentzündung aus Wannsee erst in Wilmersdorf eine geöffnete HNO-Praxis findet. Mit der fünfwöchigen Aktion wollen die Doktoren gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung protestieren, die unter anderem in diesem Jahr eine Nullrunde für Arzthonorare durchsetzen will.

Gesundheitspolitiker und Krankenkassen sehen in den Praxisschließungen eine Gefährdung der Patientenversorgung und damit einen Gesetzesverstoß. So droht die AOK-Berlin mit dem Entzug der Kassenzulassung. Ärztevertreter fühlen sich dagegen auf der sicheren Seite. Der Berliner Ärztekammerpräsident Günther Jonitz, dessen Kammer alle rund 24 000 Berliner Mediziner vertritt, räumt zwar ein, dass das Risiko für die Kranken durch die längeren Wege höher ist. Doch gäben die Ärzte nur die von der Politik seit Jahren betriebene Verschlechterung der Versorgung an die Patienten weiter. Ein Mediziner könne zum Beispiel für eine Woche in Urlaub gehen oder eine Fortbildung machen. „Wenn er für die Zeit der Praxisschließung einen Vertreter benennt, dann hat er dem Gesetz genüge getan“, sagt Jonitz. Diese Vertretung müsse sich nicht in unmittelbarer Umgebung befinden, sondern könne durchaus auch in einem anderen Bezirk praktizieren.

Tatsächlich ist der Umfang des Sicherstellungsauftrags nicht detailliert geregelt. Nach dem Sozialgesetzbuch müssen die Kassenärzte die gesetzlich Versicherten „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ versorgen. Das heißt, die Ärzte könnten sogar während der Schließzeit Privatpatienten behandeln und Kassenpatienten abweisen, sagt Jonitz.

Die Berliner seien verwöhnt, ist von Ärzten zu hören. Wenn auf dem platten Land eine Praxis schließe, dann müssten die Patienten auch ins Nachbardorf ausweichen und dabei längere Strecken zurücklegen, als in Berlin zwischen zwei Bezirken nötig sind.

Für die Krankenhäuser sind derzeit keine Protestaktionen geplant, sagt Jonitz, der auch stellvertretender Vorsitzender des Berliner Marburger Bundes ist, einer Organisation für Klinikärzte. Bei dem landeseigenen Krankenhauskonzern Vivantes, in dem neun ehemals städtische Kliniken zusammengeschlossen sind, rechnet man auch später mit keinerlei Protestaktionen. „Unter den Ärzten der neun Vivantes-Kliniken sind nur rund fünf Prozent in den einzelnen Arztinitiativen organisiert“, sagt Konzernsprecherin Fina Geschonneck. Keiner der 1700 Vivantes-Ärzte werde streiken, ist sich die Sprecherin sicher.

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