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Medien: FAZ im Netz: Fast am Ziel

Die klugen Köpfe, die bisher hinter der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) gesteckt haben, sitzen jetzt auch vor dem Bildschirm. Als letzte große Tageszeitung hat die "FAZ" es gestern geschafft, einen eigenständigen Internetauftritt anzubieten.

Die klugen Köpfe, die bisher hinter der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) gesteckt haben, sitzen jetzt auch vor dem Bildschirm. Als letzte große Tageszeitung hat die "FAZ" es gestern geschafft, einen eigenständigen Internetauftritt anzubieten. Die Erwartungen nach der langen Anlaufzeit waren groß, das Ergebnis ist allerdings nicht allzu spektakulär ausgefallen. In seriösem Nachrichtenblau, grafisch schlicht und übersichtlich kommt die neue Homepage unter www.faz.net auf den Bildschirm. Die Eingangsseite bietet - für ein "FAZ"-Produkt erstaunlich - zwar farbige Fotos, ist sonst aber relativ konservativ aufgebaut. Zwei große Blöcke stehen für den Internet-Leser bereit: Zum einen das von der Online-Redaktion verantwortete Informationsportal, zum anderen die Printausgabe der "FAZ".

Unter der Rubrik "Uptoday" laufen alle wichtigen Informationen der Online-Ressorts Wirtschaft, Politik, Sport und Kultur zusammen. Rund um die Uhr aktualisiert, kann jedes Ressort gesondert angeklickt werden und hat neben den News verschiedene Unterrubriken, die nach spezifischeren Themenkreisen sortiert sind. Die Unabhängigkeit von den Printkollegen sollen auch exklusive Interviews verdeutlichen, die nur online zu lesen sind. Gestern etwa mit Paul Spiegel, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die anderen Blöcke wie Finanzen, Bücher, Reise und Gesundheit bieten vor allem Service, der interaktiv genutzt werden kann.

Über diesen, inzwischen gängigen Standard des Informationsangebots hinaus geht faz.net lediglich dadurch, dass auch das "FAZ 93.6 - Das Businessradio" angeklickt werden kann. Zum einen ist das vollständige Programm live zu hören, zum anderen sind kleinere Schnipsel aus Statements und Interviews als "Bonbon" zum Text abrufbar.

Wem das zu viel multimediale Spielerei ist, kann sich mit der Printversion der Zeitung trösten. Es stehen jedoch nur ausgewählte Artikel im Netz. Mit dem Zusatz: Wichtige Themen und Debatten der letzten Zeit wurden zu Dossiers zusammengefasst. Wer ein Abonnement der Zeitung besitzt, kann nach einer Registrierung schon am Vorabend die komplette "FAZ" via Bildschirm lesen.

Auch faz.net berücksichtigt, dass die Zeiten passé sind, in denen es ausreichte, den Inhalt einer Tageszeitung einmal täglich ohne Änderung ins Netz zu übertragen. Die Nachricht wenige Minuten nach dem Ereignis - dazu fordert das Internet heraus. So wird in den Online-Redaktionen der meisten Zeitungen ständig aktualisiert - wenngleich häufig noch mit Agenturmaterial und nicht mit eigenen Beiträgen, so der Online-Experte Klaus Meier von der Katholischen Universität Eichstätt und Herausgeber des "Handbuchs Internet-Journalismus".

Den Trend zur permanenten Aktualisierung setzten ursprünglich Magazine wie "Spiegel", "Focus" und "Stern", die ihre Leser nicht nur einmal in der Woche mit neuen Inhalten versorgen wollten. Mit Erfolg, denn in der Reichweitenstatistik liegen deren Internet-Seiten weit vor der alten Konkurrenz der Tageszeitungen. Auf 33 Millionen Page-Impressions (PIs) - bloßes Anklicken einer Seite - kam "Focus Online" im Dezember, und direkt dahinter folgte "Spiegel online" mit 24,7 Millionen. Hier kann von den Tageszeitungen gerade noch "Bild" mit 21,7 Millionen PIs im Dezember mithalten, erst mit gehörigem Abstand folgt bei den Überregionalen die "Süddeutsche" mit 9,3 Millionen Seitenabrufen.

Für die Magazine hat es sich ausgezahlt, komplett eigenständige Online-Redaktionen aufzubauen. Ob dies jedoch für die Internet-Seiten einer Tageszeitung sinnvoll ist, bezweifelt der Eichstätter Wissenschaftler Meier. So sei der von der "FAZ" beschrittene Weg über eine eigenständige Online-Redaktion zwar auf den ersten Blick innovativ, langfristig könne jedoch nur eine Verschränkung der beiden Angebote die journalistische Marke "FAZ" garantieren.

Wieder etwas näher an das Mutterhaus herangerückt ist beispielsweise "Spiegel online". Im Berliner Büro teilen sich die Onliner den Platz mit den Kollegen vom Magazin. Immer mehr Geschichten entstehen so gemeinsam, so Spiegel-Online-Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron. Davon profitieren beide Seiten.

Doch unabhängig davon, ob die Internet-Redaktionen nun eigenständig arbeiten oder mit den Mutterhäusern verschränkt agieren: Der Stellenwert der Online-Titel hat sich nicht zuletzt durch neue Angebote wie Netzeitung und nun faz.net verändert. Es sind nicht nur Formalien, wenn die Online-Töchter durch eigene Chefredaktionen aufgewertet werden. Auch ihre Außenwirkung hat sich verändert, wenn eigene Recherchen von Agenturen aufgegriffen oder in anderen Zeitungen und dem Fernsehen zitiert werden, freut sich Blumencron, der bereits den Durchbruch des Netz-Journalismus gekommen sieht.

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