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Panorama: Schwulengegner: "Ansteckendes Laster"

Lange Gesichter bei Roms Moralaposteln: Zum Auftakt der "World Gay Pride" sind die erwarteten Proteste von Bürgern gegen die Anwesenheit von geschätzten 250 000 Lesben und Schwulen ausgeblieben. Dafür aber legten sich nicht wenige Römer mit jenen an, die mit Gegendemos und diffamierenden Schildern Konsens suchten; immerhin hatte die katholische Kirche - vor allem unter Hinweis auf das laufende Heilige Jahr - und eine Reihe von Politikern die Schwulen-Manifestationen mit allen Mitteln zu verhindern gesucht und setzen noch immer alles dran, die geplante Abschlußveranstaltung am 7.

Lange Gesichter bei Roms Moralaposteln: Zum Auftakt der "World Gay Pride" sind die erwarteten Proteste von Bürgern gegen die Anwesenheit von geschätzten 250 000 Lesben und Schwulen ausgeblieben. Dafür aber legten sich nicht wenige Römer mit jenen an, die mit Gegendemos und diffamierenden Schildern Konsens suchten; immerhin hatte die katholische Kirche - vor allem unter Hinweis auf das laufende Heilige Jahr - und eine Reihe von Politikern die Schwulen-Manifestationen mit allen Mitteln zu verhindern gesucht und setzen noch immer alles dran, die geplante Abschlußveranstaltung am 7. Juli im Colosseum zu blockieren.

Während die Organisatoren am Samstagabend unter großem Beifall die erste Musikveranstaltung am Circo Massimo eröffneten und die Römer eher neugierig und belustigt zusahen, erhielten sowohl die gegen die Gay Pride aufmarschierten Jungfaschisten der Forza Nuova wie auch die gleichzeitig demonstrierenden Erzkatholiken der ultrakonservativen Familienverbände eine Abfuhr nach der anderen: "Ich schäme mich, dass ich Römerin bin, wenn ich euch sehe", blaffte eine Frau mit ihren Kindern an der Hand die Gegendemonstranten an, und als die Forza Nuova ein Schild hisste mit der Aufschrift "Die Schwulen im Colosseum? Ja - aber mit Löwen drinnen", kam es sogar zum Handgemenge. Offenbar fürchten die Römer mehr den Verlust ihres seit Jahrhunderten bestehenden Imanges als tolerante, weltoffene Stadt als die von vielen Prälaten beschworene "Ansteckung mit einem Laster, das danach kaum mehr zu beseitigen ist" (so ein Franziskaner-Mönch zur Erklärung seiner Teilnahme an der Anti-Demonstration). Roms Polizei fährt Sonderschichten - nach der Abfuhr durch die Bürger werden nun Attentate gegen Homosexuelle oder deren Einrichtungen befürchtet.

Inzwischen bemüht sich allerdings auch ein Teil des katholischen Klerus um etwas moderatere Töne. So betonen einige Kardinäle neuerdings, dass sie überhaupt nichts gegen Lesben und Schwule hätten; die offizielle Jesuiten-Zeitschrift Civilt cattolica kritisiert lediglich das Wort "Stolz" (Pride), das die Schwulen verwenden - "wo sie doch gerade die Anerkennung ihrer Normalität in der Gesellschaft fordern".

In der laufenden Woche wird das Welt-Treffen mit Dutzenden von Veranstaltungen, Diskussionen und Konzerten fortgeführt; am Sonnabend, zum Abschluß der Großdemonstration, werden Geri Halliwell, Gloria Gaynor, Grace Jones und viele anderer internazionale Stars - schwule und nichtschwule - auftreten.

Diese schillernde Parade mit dem Namen "World Gay Pride" am Sonnabend ist der Höhepunkt und Abschluss des Treffens. Auf Anordnung der Stadt müssen die Teilnehmer einen großen Bogen um den Vatikan und wichtige Kirchen in Rom machen. Nach heftigen Protesten der Veranstalter gestattete die Stadt Rom schließlich, dass die Parade am Kolosseum vorbei ziehen darf.

Bis zum Sonnabend bietet das Welttreffen am Zirkus Maximus in Rom neben Konzerten zahlreiche Tagungen rund um das Thema Homosexualität an. Offiziell eröffnet wurde das Fest von der italienischen Schauspielerin Maria Grazia Cucinotta. Als Katholikin und Heterosexuelle warb sie für mehr Toleranz. "Ich habe viele schwule Freunde, die öfter in die Kirche gehen als ich", sagte Cucinotta.

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