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 Ein Söldner der Gruppe Wagner nahe der Front in der Ukraine. (Symbolbild)

© IMAGO/SNA/Viktor Antonyuk

Drogenabhängige als Sturmtruppen: Im Donbass zeigt sich der ganze Wahnsinn der Wagner-Söldner

Die Truppen der Söldner-Gruppe Wagner in der Ukraine bestehen größtenteils aus Ex-Häftlingen. In ihren Verhörprotokollen berichten sie nun von grausamen Zuständen.

Noch am Donnerstagabend hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner Videoansprache gesagt, die ukrainischen Soldaten hielten in der hart umkämpften Kleinstadt Soledar ihre Stellungen und fügten den russischen Truppen signifikante Verluste zu. Am Freitagmorgen erklärte Russland die Stadt jedoch für offiziell eingenommen.

Soledar sei am Abend des 12. Januar vollkommen in die Kontrolle der russischen Streitkräfte übergegangen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Kiew wiederum bestritt dies und gab an, seine Streitkräfte hätten die Lage „unter Kontrolle“. Keine der Angaben kann von unabhängiger Seite überprüft werden.

Allerdings mehrten sich in den Sozialen Medien schon zuvor Berichte, wonach die Stadt – anders als von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin behauptet – noch nicht eingenommen sei. Prigoschin hatte unter anderem ein Foto von sich in Europas größter Salz-Mine in Soledar veröffentlicht und den „Sieg“ gefeiert. Er wies zudem darauf hin, dass „außer den Kämpfern von Wagner keine [anderen] Einheiten an dem Angriff auf Soledar teilgenommen“ hätten. Ob das Bild echt oder gestellt war, lässt sich nicht prüfen.

Über den Messaging-Dienst Telegram berichten russischen Quellen von der Front jedoch von einer überhasteten Behauptung Prigoschins sowie heftigen Gefechten in der Stadt. „Das ist jetzt ein Alptraum: Die Eile, eine vollständige Eroberung anzukündigen, hat dazu geführt, dass man am Rande des Möglichen operieren muss“, schreibt die Quelle.

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Und weiter: „Die Wagner-Söldner werden buchstäblich von hinten vorgetrieben. Wenn Prigoschin persönlich schon eine vollständige Einnahme angekündigt hat, dann spielt der Preis der Eroberung keine Rolle mehr.“ Die Verluste für einen so kleinen Abschnitt der Front seien „wild“. Wenn jetzt noch etwas schiefgehe, werde das russische Verteidigungsministerium dies gegen Prigoschin einsetzen, zum Beispiel indem die Versorgung mit Munition reduziert werde, schreibt die Quelle.

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Ein verurteilter Doppelmörder berichtet von seinem Wagner-Einsatz an der Front

Unterdessen werden über grausame Zustände innerhalb der Söldner-Truppe immer mehr Details bekannt. Bereits seit Längerem rekrutiert Wagner neue Kämpfer aus russischen Strafkolonien. Das unabhängige russische Media-Outlet „Wir können es erklären“ veröffentlichte nun Verhörprotokolle gefangengenommener Gefängnis-Rekruten.

Zitiert wird dort unter anderem ein verurteilter Doppelmörder mit dem Namen Sergei Vereshchagin, der für Wagner an der Front in Soledar im Donbass im Einsatz war.

Seine Einheit sei nach minimalem Training an einer Kalaschnikow im Dezember dorthin verlegt worden. „Man sagte uns, wenn wir zurückweichen, sind wir erledigt“, erinnert sich Vereshchagin an die Anweisungen. Er sei nicht zurückgewichen, denn er habe gewusst, „dass sie mich sonst umbringen“.

Ein anderer ehemaliger Gefängnisinsasse mit dem Namen Alexander Drozdov beschreibt indes, wie er und seine Einheit von der russischen Armee unter Beschuss genommen wurden. Seinen Angaben nach tragen rekrutierte Gefangene keine Wagner-Uniformen oder sind anderweitig als Söldner auf dem Schlachtfeld zu erkennen.

„Uns wurde befohlen, anzugreifen, aber die ganze Zeit über wurden wir [von den Russen] beschossen. Wir schrien: ‚Wir sind Russen, wir sind Russen’. Und sie sagten: ‚Wer zum Teufel seid ihr?’“

Drogensüchtige als Schocktruppen

Die Gefängnisrekruten würden innerhalb der Söldner-Truppe zudem in verschiedene Gruppen eingeteilt, darunter auch Sturmtruppen – die sogenannten „Rexes“. Einheiten, die Drozdov als „völlig verrückt“ beschreibt. Sie würden, ohne nachzudenken, auf die feindlichen Stellungen zurennen, „denn es sind alles Junkies“.

Weil die meisten Insassen in den russischen Gefängnissen wegen Drogendelikten einsäßen, machten sie den Großteil der Rekruten aus. Ehemalige Insassen mit einer HIV-Infektion müssten zudem eine rote Binde als Erkennungsmerkmal tragen. Vergewaltiger und Pädophile wären in eigenen Einheiten zusammengefasst.

Die neue russische Strategie

Beim Kampf um Soledar erkannten westliche Experten zuletzt eine neue Strategie der Russen. Wie die Ukraine- und Russland-Experten Michael Kofman und Rob Lee erklären, macht Russland seinen Mangel an Munition und Gerät inzwischen mit schierer Masse an Soldaten wett. Russische Soldaten rennen über Felder und versuchen, die Schützengräben der Ukrainer zu stürmen.

Werden sie erschossen, folgt die nächste „menschliche Welle“, wie ein ukrainischer Soldat kürzlich erklärte. Die Angreifer steigen dann über die Leichen ihrer Kameraden.

Eine Beobachtung, die sich mit dem Bericht des Kriegsgefangenen Drozdov deckt. Er beschreibt die Verluste an der Front als „gigantisch“. Zudem würden Rekruten, die sich nicht an den Marschbefehl hielten, sollten sie überleben, von den Kommandeuren der Einheit erschossen.

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