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Ein russischer Soldat in Mariupol.

© dpa/AP/Uncredited

Ukraine-Invasion Tag 694: Reichen Russlands Reserven für größere Offensivoperationen? 

Nato kündigt größtes Manöver seit Kaltem Krieg an. Selenskyj warnt vor weiterer Verzögerung bei Ukraine-Hilfen. Der Nachrichtenüberblick am Abend.

Erst vor wenigen Tagen hatte Vadym Skibitskyi, der Vize-Chef des ukrainischen Geheimdienstes, in einem Interview erklärt, dass sich pro Monat rund 30.000 Personen den russischen Streitkräften anschlössen. Schon damals sagte er, dass dies nicht ausreiche, um die Verluste der Armee auszugleichen.

Nun hat sich Skibitskyi erneut zu dem Thema geäußert und zieht Rückschlüsse auf den Kriegsverlauf an der Front, wie das Institut für Kriegsstudien (ISW) in seinem jüngsten Update schreibt (Quelle hier). Demnach könne Moskau ohne „starke“ Reserven nicht zugleich mehrere Offensivoperationen an unterschiedlichen Orten durchführen. Der Generalmajor deute an, dass Russland nicht über solche Reserven verfüge.

Das ISW schreibt, die Aussagen deuteten daraufhin, dass Russland zwar genügend Nachschub an Soldaten bekomme, um den aktuellen Status Quo aufrecht zu erhalten, aber eben nicht genügend, um ihre Offensivbemühungen zu verstärken.

Derzeit ist die Lage an der Front relativ statisch, obwohl die russischen Truppen weiter vorrücken. So hatte der ehemalige Sprecher des Generalstabs der ukrainischen Armee, Vladislav Seleznev, gesagt, die Situation sei weniger dynamisch als noch vor Kurzem, wie wir bereits gestern im Newsletter berichteten. Das Tempo der Kämpfe habe sich durch die Umgruppierung der russischen Gruppen verringert, so Seleznev.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer (Grüne) dringt auf dauerhaft höhere Verteidigungsausgaben. „Es ist eine massive Aufrüstung nötig“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Er würde das Geld gerne anders ausgeben. „Aber es ist ein Muss! Wir können Wladimir Putin nicht mehr vertrauen“, sagte der 75-Jährige. Mehr hier.
  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor einer weiteren Verzögerung westlicher Hilfen für sein von Russland angegriffenes Land gewarnt. „Es wird eine große Krise für ganz Europa geben“, sagte der Staatschef am Mittwoch vor Journalisten beim Weltwirtschaftsforum in Davos (Schweiz). Mehr hier.
  • Der Bundestag hat einen Entschließungsantrag der Unionsfraktion zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine abgelehnt. 178 Abgeordnete stimmten in namentlicher Abstimmung für die Vorlage, 485 dagegen, drei enthielten sich. Mehr hier.
  • Die Niederlande dürfen einem TV-Sender bestimmte Informationen zum Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 vorenthalten. Die Daten aus dem europäischen Unfallmeldesystem Eccairs seien vertraulich, entschied der Europäische Gerichtshof. Bei dem Absturz im Osten der Ukraine 2014 waren alle 298 Insassen ums Leben gekommen. Als Ursache wird inzwischen eine russische Luftabwehrrakete angenommen. Mehr hier.
  • Die Nato will für ein im Februar beginnendes Großmanöver zur Abschreckung Russlands rund 90.000 Soldaten mobilisieren. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag am Rande eines Treffens von militärischen Spitzenvertretern des Verteidigungsbündnisses in Brüssel. Mehr in unserem Newsblog.
  • Die ukrainischen Soldaten an der Front klagen laut Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko zunehmend über fehlende Munition. „Seit Monaten gibt es ein wahnsinniges, riesengroßes Defizit von Munition“, sagt Klitschko „Bild“ und Welt TV. „Munition ist die Frage Nummer eins, wenn man mit Soldaten an der Frontlinie spricht.“ Es gebe zudem einen „Wahnsinnsdruck von russischer Seite“. 
  • Frankreich, Deutschland und mehr als 20 weitere Länder haben am Donnerstag in Paris eine Artillerie-Koalition für die Ukraine ins Leben gerufen. „Es gibt keine Alternative zu einer modernen Artillerie, wir müssen uns weiter anstrengen, um die Produktion von Munition zu erhöhen“, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow, der zu der Konferenz in Paris am Donnerstag per Video zugeschaltet war. 
  • Der ukrainische Geheimdienst SBU hat eigenen Angaben zufolge einen russischen Spion festgenommen, der Informationen über mögliche Angriffsziele in der Ukraine an Russland weitergeleitet haben soll. Der SBU teilte mit, der Verdächtige habe den Auftrag gehabt, in Odessa „Koordinaten zu Lagerhäusern mit giftigen Substanzen und Pestiziden zu ermitteln und weiterzugeben“. 
  • Die Ukraine hat ukrainischen und russischen Angaben zufolge versucht, ein Ölterminal in St. Petersburg anzugreifen. Dies sei Teil einer „neuen Phase in der Region“, verlautet aus ukrainischen Militärkreisen. „Es gibt bestätigte Treffer“, sagt der Militärvertreter. 
  • In Lettland haben fast 1000 russische Staatsbürger einen Brief von der Migrationsbehörde mit der Aufforderung erhalten, binnen zwei Wochen freiwillig auszureisen oder ihren rechtlichen Status in dem EU- und Nato-Land zu regeln. Ansonsten könnte es auch zu Zwangsausweisungen kommen, hieß es.
  • Bei russischen Beschuss der Stadt Kupjansk in der Region Charkiw wurden eine Frau getötet und zwei Männer verwundet. Der Leiter der Militärverwaltung der Region Charkiw, Oleg Sinegubow, sagte, ein Wohnhaus sei getroffen worden. Die Einsatzkräfte untersuchen den Angaben zufolge derzeit die angegriffenen Orte.
  • Das russische Militär hat nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe in der Nacht zu Donnerstag 33 Drohnen und zwei Raketen auf die Ukraine abgefeuert. 22 Drohnen seien abgefangen und zerstört worden. Mehrere weitere Drohnen hätten ihr Ziel nicht erreicht. „Die Hauptangriffsgebiete waren der Süden und Norden“, erklärt die Luftwaffe auf dem Mitteilungsdienst Telegram. 
  • US-Präsident Joe Biden hat die oppositionellen Republikaner bei einem Spitzentreffen im Weißen Haus eindringlich dazu aufgerufen, neue Militärhilfen für die Ukraine zu billigen. Biden sagte nach Angaben des Weißen Hauses, die seit Monaten andauernde Blockade im Ringen um neue Mittel gefährde „die nationale Sicherheit der USA, das Nato-Bündnis und den Rest der freien Welt“.

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