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ESTHER SCHIPPER: Carsten Höller

Ja, es ist Balzzeit in Berlin, und sie spreizen sich alle: die Positurkanarien und Farbkanarien, die Harzer Roller und die Belgischen Wasserschläger. Gesträubtes Gefieder, gespreizte Brust, und ein Singen und Tirilieren, dass es in den Ohren klingt.

Ja, es ist Balzzeit in Berlin, und sie spreizen sich alle: die Positurkanarien und Farbkanarien, die Harzer Roller und die Belgischen Wasserschläger. Gesträubtes Gefieder, gespreizte Brust, und ein Singen und Tirilieren, dass es in den Ohren klingt. Zu naheliegend, die Volière mit sieben Gesangskanarienvögeln, die Carsten Höller bei Esther Schipper im magentaroten Hauptraum aufgebaut hat, als Bild für den erregten Kunstbetrieb während des Gallery Weekends zu sehen. Dass der Künstler selbst Vogelzüchter ist, dass zwei Berliner Vogelhalter täglich vorbeikommen, um ihr liebes Federvieh zu füttern – das ist Folklore für den Kunstbetrieb. Das Mobile aus Vogelkäfigen, welches die Tiere mit ihren Sprüngen in Schwingungen versetzen, dürfte am Eröffnungsabend kaum zur Ruhe kommen.

Doch Höller wäre nicht Höller, würde er der Installation kein theoretisches Gerüst verpassen. Drei Bilder hängen an der Wand. Quadrate, die in immer kleinere Flächen geteilt werden. Das Prinzip der jeweiligen Halbierung der Strecke liegt auch dem Mobile zugrunde, und wie schön, dass die tierischen Insassen das starre mathematische Prinzip immer wieder mit Schwung zum Tanzen bringen. Die Balance zwischen Idee und spielerischer Ausführung ist eine Höllersche Spezialität. Doppelung, Halbierung, ein stetes Motiv bei Höller seit seinem legendären „Double Club“ in London. „Vogel Pilz Mathematik“ verspricht die Berliner Ausstellung, und so gibt es neben lebenden Vögeln exquisite Fotogravüren verschiedener Kanariensorten und dazu drei „Doppelpilzvitrinen“. Je eine Hälfte Fliegenpilz, eine Hälfte Speisepilz hat der Künstler als Abguss aneinandergefügt. Mit Pilzen hat Höller immer wieder experimentiert, bis hin zum Verzehr eines Fliegenpilzes. Das Ergebnis einer Kombination hallozinogener Pilzsubstanzen mit balzendem Vogelgezwitscher mag man sich gar nicht vorstellen. Ein Eröffnungsabend ist nichts dagegen .Christina Tilmann

Esther Schipper, Linienstr. 85; bis 20.Juni, Di–Sa 11–18 Uhr.

Christina Tilmann

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