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Politik: Auf einem schmalen Grat

UN-Botschafter Pleuger sagt, Berlin bestehe nicht auf einer neuen Resolution – und löst damit Spekulationen aus

Von Barbara-Maria Vahl,

New York

„Deutschland wird nicht auf einer zweiten Resolution des Sicherheitsrates bestehen, falls es zu einer neuen Debatte über die Genehmigung eines Krieges gegen den Irak kommt.“ Mit diesem Satz wurde am Donnerstag der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger in einem Artikel der „New York Times“ zitiert. Eine zweite Abstimmungsrunde im Sicherheitsrat sei „wünschenswert, aber nicht notwendig". Weiter wurde der Deutsche in dem auf einem Interview basierenden Text damit zitiert, Deutschland glaube, dass die Inspekteure Fortschritte machten und dass man ihnen Zeit geben solle, ihre Arbeit zu tun. „Kofi Annan hat betont, dass es derzeit keinen Grund gibt, von Inspektionen in Richtung militärische Aktionen umzuschwenken, und wir sehen das derzeit genauso", so Pleuger.

Grundlage der Beratungen im Sicherheitsrat ist die UN-Resolution 1441 vom 8. November. Bei einem „schwerwiegenden Verstoß“ gegen die darin enthaltenen Bestimmungen werden dem Irak „ernste Konsequenzen“ angedroht – nach amerikanischer Auffassung ist daher eine zweite Resolution nicht erforderlich, um den Irak anzugreifen. Frankreich, Russland und China beharren jedoch darauf, dass eine zweite Abstimmung im Sicherheitsrat notwendig ist, bevor die USA erklären könnten, sie seien von den Vereinten Nationen ermächtigt, einen Krieg gegen den Irak zu beginnen. Selbst die Briten als engster Verbündeter der USA wünschen eine zweite Abstimmung.

Die Autorin des Artikels in der „New York Times“, Julia Preston, bewertet Pleugers Haltung in ihrem Beitrag so: „Er hält sich damit enger an die USA als an Frankreich und andere Sicherheitsratsmitglieder." Der Beitrag der erfahrenen Korrespondentin wird bei den Vereinten Nationen Aufsehen erregen. Er vermittelt den Eindruck, dass Deutschland so etwas wie eine Vorreiterrolle in der Frage einnimmt, den USA den Schritt in einen möglichen Krieg zu erleichtern, indem die letzte Barrikade, eine gemeinsame Abstimmung, als nicht zwingend erklärt wird.

Deutschland bewege sich „auf einem schmalen Grat“, urteilt Preston. Berlin versuche auf der einen Seite, weitere Beschädigungen seiner Beziehungen mit Washington zu verhindern, aber gleichzeitig Rücksicht auf Kanzler Schröders politische Position zu Hause zu nehmen, wo sein „Widerstand gegen eine Beteiligung an einem Krieg im Irak der Schlüssel dafür ist, seine Koalition zusammenzuhalten".

Ein Sprecher der deutschen UN-Vertretung in New York erklärte, es sei mit diesem Artikel ja nichts Neues auf die Bühne gekommen. Pleuger habe nichts anderes gesagt als zuvor bereits Minister Fischer. Die Diskussion darum, ob es einer zweiten Resolution für einen Krieg bedürfe, sei bereits überholt. Die deutsche Haltung sei, dass die Inspektionen fortgesetzt und mit friedlichen Mitteln eine Abrüstung Iraks erzielt werden solle. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte indes, so wie es in der „New York Times“ erscheine, sei alles wahrscheinlich gar nicht gesagt worden. Über die Frage einer zweiten Resolution sei abstrakt gar nicht zu entscheiden, dies sei erst möglich, wenn alle Umstände bekannt seien.

Barbara-Maria Vahl[New York]

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