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Politik: Opfer deutschen Kriegsterrors verklagt Bundesrepublik

Die Haut des alten Mannes ist von Narben bedeckt. Er atmet schwer, nur mit Mühe kann er seine Finger bewegen.

Die Haut des alten Mannes ist von Narben bedeckt. Er atmet schwer, nur mit Mühe kann er seine Finger bewegen. Die schweren Verletzungen haben Winicjusz Natoniewski vor über sechs Jahrzehnten deutsche Soldaten zugefügt. Dafür will er nun eine Entschädigung haben. Damals, am 2. Februar 1944, umstellten deutsche Polizeieinheiten das kleine Dorf Szczecyn in Ostpolen. Den Bewohnern wurde vorgeworfen, sie hätten Untergrundkämpfern geholfen. Dafür sollte nun ein Exempel statuiert und das Dorf dem Erdboden gleichgemacht werden. Winicjusz Natoniewski erzählt, wie die Deutschen begannen, die Bewohner zu erschießen. Viele flüchteten in ihre Häuser, die in Flammen standen und verbrannten bei lebendigem Leib. 360 Menschen starben bei dem Massaker, ihn retteten seine Eltern aus einem Haus, das lichterloh in Flammen stand. Doch der damals Sechsjährige hatte schwerste Verbrennungen erlitten. Drei Jahre war er danach im Krankenhaus.

Eine Million Zloty, fast 260 000 Euro, will Winicjusz Natoniewski nun von Deutschland für seine erlittenen Verletzungen erstreiten. Dazu hat er Anfang der Woche vor dem Danziger Bezirksgericht Klage eingereicht. Er wolle keine Rache nehmen betont der 69-Jährige. Aber er wolle zwei Dinge: dass das Unrecht, das an ihm verübt worden sei, wieder gutgemacht wird und dass er den Rest seines Lebens in Würde verbringen kann. Verbittert hat den Mann vor allem, dass andere Opfer des Krieges für ihr Leid entschädigt worden sein, Zwangsarbeiter etwa, die damals verschleppt wurden.

Sein Danziger Anwalt Roman Nowosielski betont, dass dass dies der erste Prozess dieser Art sein. Er glaubt, dass noch Tausende von Polen dem Beispiel seines Mandanten folgen werden. Den Einwand, dass die Verbrechen verjährt seien, lässt er nicht gelten, da es sich nach seiner Meinung um Verbrechen gegen die Menschheit handle. Anwalt Roman Nowosielski glaubt, dass die Chancen für seinen Mandanten nicht schlecht stünden. Dabei verweist er auf die ähnliche Klage eines Griechen, der seinen Prozess gewonnen habe. Inzwischen hat sich die polnische Anwaltskammer eingeschaltet und ihren Mitgliedern geraten, von den Polen kein Geld zu verlangen, die Deutschland verklagen wollen.

Knut Krohn[Warschau]

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