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Wladimir Putin mit den Regierungsführern der von Russland annektierten Regionen.

© Foto: REUTERS/ Sputnik

Putins Auftritt in Moskau: Jetzt weiß der Westen, dass er Kriegspartei ist

Auf einmal versucht Putin sein Handeln nicht mehr nur mit Geschichte, sondern mit einer Ideologie zu untermauern. Er wähnt sich in einem existentiellen Kampf mit dem Westen.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Der da steht, klein in großer Kulisse, den Blick von unten nach oben gerichtet, ist - ja, ist nicht mehr nur der Gegner in einem harten Kampf, einem zähen Ringen um die Ukraine, einem Krieg der herkömmlichen Art mit Truppen und Waffen, mit Finten und Fallen, horrenden Verlusten an Menschen.

Der da steht, Wladimir Putin, ist ganz in seinem Wahn gefangen. Seinem Größenwahn. Und findet nicht nur nicht mehr heraus - er nimmt sein Volk dafür gefangen.

Gefangen nimmt er es, weil es beginnt, sich zu regen. Sich ihm entgegen zu stellen. Sich selbst zu befragen, ob es das, was er will, auch will.

Seine Herrschaft im Osten über Russland hinaus aber kann nur bestehen, wenn Putin, Wladimir der Schreckliche, Ras Putin, sein Volk beherrscht. Aus den Gesichtern der Hintersassen, der Unterlinge und Höflinge, die seine Rede hörten, ließ sich nicht herauslesen, was dagegen spräche. Aber aus den abgehörten Gesprächen von jungen russischen Soldaten in der Ukraine - die sprechen eine eigene Sprache. Das Monumentale, Sakrale, historisch Irreale des Herrschers im Kreml soll sie nur übertönen.

Das neue Russland, gebaut auf Angst

Neurussland, das ist, was Putin antreibt, eine Vorstellung, die ihn womöglich immer weiter in seinen Wahn hineintreibt. Wo vorher keine Ideologie war, nur der Wille zur Macht, wird jetzt mit jedem Flecken Erde, der Russland hinzugefügt wird, eine gebaut.

Das Unrecht wird gleichsam überdacht, überwölbt, um ihm die imperiale Krone aufsetzen zu können. Das neue Russland, das Putin aufbaut - gebaut auf Angst und Stolz und Isolation.

Eine fundamentale Kriegserklärung an den zeitgenössischen Westen.

Alexander Dugin

Dass andere Staaten ihm, dem Neokolonialisten, auf seinem Weg folgen, nur weil weil er die übrige Welt zu Kolonialisten erklärt - wie wahrscheinlich ist das? In seiner Welt gilt nur seine Meinung. Nur in Demokratien haben viele Meinungen Platz. Und die wissen sich zu wehren.

Alexander Dugin, Philosoph des Imperialismus, Einflüsterer des Imperators, setzt den neuen Ton. Putins Rede, sagt er, sei „weit wichtiger“ als die Angliederung der vier Regionen, es sei „eine fundamentale Kriegserklärung an den zeitgenössischen Westen und die zeitgenössische Welt im Ganzen“.

Das ist es, eine Kriegserklärung. An alle. An die Welt. Ein Weltkrieg 3.0, so hybrid wie der Krieg, den Putin in der Ukraine führt. Zu führen versucht. Bei dem Versuch muss es bleiben.

Das russische Volk muss von dem, der es gefangen hält, befreit werden. Darum ist es so wichtig, sich an der Seite der Ukrainer gemeinsam mit ihnen zu wehren. Sage keiner, nach dieser Rede, dass die Demokraten des Westens nicht Kriegspartei wären.

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