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Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, verabschiedet sich nach der Pressekonferenz zur Sitzung des Arbeitskreises "Steuerschätzung". +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Um fast 22 Milliarden : Steuereinnahmen 2025 niedriger als zuletzt erwartet

Finanzminister Lindner nennt die aktuelle Steuerschätzung einen „Realitätscheck“ für den Bundeshaushalt 2025. Der Streit in der Ampel könnte sich verschärfen.

Bund, Länder und Kommunen können im kommenden Jahr mit 21,9 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen rechnen als noch im Herbst angenommen. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass der Staat im Jahr 2025 insgesamt 995,2 Milliarden Euro einnimmt, wie das Finanzministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte: „Was ich angesichts der exorbitanten politischen Wünsche fast mantraartig wiederhole, liegt jetzt schwarz auf weiß vor: Neue finanzielle Spielräume gibt es absehbar nicht.“

Auch in den weiteren Jahren des Schätzzeitraums bis 2028 sind deutliche Mindereinnahmen gegenüber der letzten Schätzung zu verzeichnen, insgesamt sind es 80,7 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmen liegen laut Finanzministerium im Vergleich zur Erwartung aus dem Oktober 2023 durchschnittlich jährlich um rund 16 Milliarden Euro niedriger.

Lindner nannte die aktuelle Steuerschätzung einen „Realitätscheck“ für den Bundeshaushalt 2025. „Wir müssen uns von unrealistischen Wünschen verabschieden und die Konsolidierung des Haushalts vorantreiben. Dies erfordert Disziplin und Willenskraft.“

Was wir brauchen, liegt auf der Hand: Mehr Wachstum, wir brauchen die Wirtschaftswende.

Finanzminister Christian Lindner

Das Schätzergebnis belege auch, dass die finanziellen Herausforderungen in den kommenden Jahren größer werden. „Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, verschärft sich die Entwicklung insbesondere für den Bund. Die strukturellen Herausforderungen können wir nicht mit immer mehr Schulden zuschütten. Was wir brauchen, liegt auf der Hand: Mehr Wachstum, wir brauchen die Wirtschaftswende“, sagte Lindner. „Nur mit einer starken wirtschaftlichen Entwicklung schaffen wir Wohlstand und stabile Staatsfinanzen.“

Alleine für den Bund fallen die Steuereinnahmen für 2025 um rund 11 Milliarden Euro niedriger aus. Die Ergebnisse dürften damit noch mehr Druck in die ohnehin schon schwierigen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 bringen. Dabei müssen Milliardenlöcher gestopft werden.

Ein Sparkurs, der die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten ignoriert, würde die ökonomische Lage verschlechtern.

Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindle

Mehrere Bundesministerien wollen sich nicht an Sparvorgaben von Lindner halten, was dieser wiederum scharf kritisiert. Ziel ist es, bis Anfang Juli im Kabinett eine Einigung über den Haushalt 2025 hinzubekommen, dann folgen die Beratungen im Bundestag.

„Ein Sparkurs, der die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realitäten ignoriert, würde die ökonomische Lage verschlechtern, den sozialen Frieden bedrohen und die demokratische Stabilität gefährden“, erklärte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. Es dürfe keinen „Sparhaushalt auf dem Rücken von langjährigen Beschäftigten oder armen Menschen, zulasten des Klimaschutzes, der demokratischen Infrastruktur oder unserer internationalen Verantwortung“ geben. Sonst würden die Probleme noch weiter verschärft.

„Wir erwarten jetzt vom Bundesfinanzminister bis zum Sommer einen Haushaltsentwurf, der die Wirtschaft weiter ankurbelt, die Zeitenwende umsetzt und den sozialen Zusammenhalt in unserem Land garantiert“, erklärte auch SPD-Chefhaushälter Dennis Rohde. „Ziel muss es sein, unsere Demokratie wehrhaft, sozial gerecht und gut gewappnet gegen innere und äußere Feinde aufzustellen.“

Unions-Fraktionsvize Mathias Middelberg machte die Koalition für das Minus bei den Steuereinnahmen verantwortlich. „Darin manifestiert sich die chaotische Wirtschafts- und Haushaltspolitik dieser Ampel-Regierung“, sagte er in Berlin. Die Union forderte aber auch weitere Einsparungen. „Der Speck muss erst einmal runter, bevor man anfängt, über die Schuldenbremse zu reden“, sagte Chefhaushälter Christian Haase.

Wichtige Grundlage für den Bundeshaushalt

Die Prognose der Steuerschätzer ist eine wichtige Grundlage für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2025. Ob gespart werden muss oder ob es Raum für zusätzliche Ausgaben gibt, hängt unter anderem von der Steuerschätzung ab.

Das Finanzministerium begründete die Differenz zum Ergebnis der Oktober-Steuerschätzung vor allem mit einer verschlechterten Einschätzung zur Konjunktur. Die wirtschaftliche Erholung habe sich gegenüber den damaligen Erwartungen verzögert.

Deutschland steckt in einer Wachstumsschwäche. In diesem Jahr geht die Bundesregierung von einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent aus. Für 2025 erwartet sie ein Wachstum von 1,0 Prozent.

Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt zweimal im Jahr zusammen, im Frühjahr und Herbst. In dem Gremium sitzen Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie Vertreter der Länderfinanzministerien und der Kommunen. (dpa)

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