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Brandenburg: 432 Bürger verklagen Gas-Lieferanten

Steigende Preise vor Gericht / Auch Ministerium fordert von Unternehmen Offenlegung der Kalkulationen

Potsdam - Im Land Brandenburg wächst der Unmut über steigende Gaspreise, die vielerorts zum Jahreswechsel erneut angehoben wurden. Gestern sind drei Sammelklagen von 432 Gaskunden gegen drei große Gas-Versorger eingereicht worden, um eine Offenlegung der bislang geheim gehalten Preiskalkulationen der Unternehmen zu erzwingen. Das von Minister Dietmar Woidke geführte Verbraucherschutzministerium begrüßt ausdrücklich das zivilrechtliche Vorgehen gegen die Energieunternehmen. „Das ist wichtig für die Verbraucher, um endlich Transparenz und Klarheit bei den Gaspreise zu erhalten“, sagte Günter Hälsig, Abteilungsleiter für Verbraucherschutz gegenüber den PNN. Allerdings sei bedauerlich, dass die Versorger nicht von vornherein ihre Kalkulationen offen gelegt hätten. „Wer nichts zu verbergen hat, kann die Karten auf den Tisch legen.“ Es sei „eigentlich auch eine elementare Frage von Service und Kundenfreundlichkeit.“ Das Ministerium sehe die „Entwicklung auf dem Gaspreismarkt mit Sorge“, die die Bürger belaste und auch für die Wirtschaft ein Problem sei.

Die Sammelklagen richten sich exemplarisch gegen drei der 34 Unternehmen, es sind die EWE AG, Erdgas Mark Brandenburg (EMB) und Spreegas Cottbus, erläuterte Hartmut Müller, Referatsleiter bei der Verbraucherzentrale Brandenburg, die die Sammelklagen koordiniert und vorbereitet hat. Sie wurden an den Landgerichten Potsdam, Cottbus und Frankfurt/Oder eingereicht. „Wir haben das Land damit weitgehend abgedeckt.“ Gasversorger wie die in Potsdam ansässige Erdgas Mark Brandenburg, die allein 115 000 Haushalte beliefert, begründen die Preiserhöhungen mit Preissteigerungen auf dem Weltmarkt wegen der „weltweit steigenden Energienachfrage“, so die EMB gestern in einer Pressemitteilung zur Sammelklage heißt. Das Unternehmen weist darin, wie die anderen Gasversorger auch, den Vorwurf überhöhter Preise zurück. Die EMB gebe mit den „Preisanpassungen ausschließlich die gestiegenen Erdgasbezugskosten“ weiter. Genau das bezweifeln jedoch Verbraucherzentrale und Kunden. Man sei „aufgeschlossen“, und hoffe auf eine „Versachlichung der Debatte“.

Nach Angaben von Müller stieg der Gasimportpreis von 2001 bis 2005 nur minimal, umgerechnet von 1,5 auf 1,6 Cent je Kilowattstunde. Allein seit Herbst 2005 seien jedoch in Brandenburg die Gaspreise um 14 Prozent gestiegen. „Bisher kann der Verbraucher nicht nachvollziehen , warum er mehr zahlen soll“, sagt Rechtsanwalt Thomas Fricke, der die Klage entworfen hat. Da es in anderen Bundesländern bereits Präzedenzurteile gibt, sehe er gute Erfolgsaussichten. Bemerkenswerterweise hätten die Brandenburger Gasversorger bisher auch Kunden nicht verklagt, „die zu tausenden die Zahlung der höheren Preise verweigern.“ Auch das Wirtschaftsministerium verfolgt die Gaspreisentwicklung aufmerksam. „Es läuft eine breite kartellrechtliche Prüfung, bei der die Gaspreise bundesweit verglichen werden“, bestätigt Sprecher Steffen Kammradt. „Die steigenden Energiekosten werden für die Unternehmen besonders im internationalen Wettbewerb zunehmend belastend.“

Das Preisgefälle innerhalb des Landes Brandenburgs ist jedoch extrem hoch. Nach dem bundesweiten Gaspreisvergleich des Westdeutschen Rundfunks (WDR) ist Erdgas im Land am teuersten bei den Stadtwerken Brandenburg/Havel, gefolgt von den Stadtwerken Neuruppin und Forst. Zugrunde gelegt wird ein Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden, was dem Bedarf einer größere Altbauwohnung oder eines Reihenhauses entspricht. In der Stadt Brandenburg werden jährlich 1281 Euro fällig, in Neuruppin 1264 Euro. In Potsdam, bei der EMB, sind es 1209 Euro, die landesweit damit an 10. Stelle liegt bei 34 Anbietern. Zum Vergleich: Die günstigsten Anbieter sind nach dem WDR-Vergleich die Stadtwerke in Luckau mit 1027 Euro und in Belzig mit 1027 Euro.

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