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Brandenburg: Zur Not wird das Olympiastadion nachgerüstet

Verwaltung will Arena bis zur Fußball-WM umbauen, wenn es der Sicherheit dient. Stiftung Warentest kritisiert den Graben seit 1985

Berlin - Die Stadtentwicklungsverwaltung denkt über Nachbesserungen im Berliner Olympiastadion nach. Einen Tag, nachdem die Stiftung Warentest die Sicherheit in der Fußball-WM-Arena bemängelt hat, sagte die Behörde zu, die Ergebnisse der Untersuchung zu prüfen und gegebenenfalls umzubauen. „Wenn es für die Sicherheit nötig ist, können wir feste Brücken über den Reportergraben einbauen oder den Graben auch ganz oder teilweise zuschütten“, erklärte die Behördensprecherin Manuela Damianakis. Wie berichtet, hatte die Stiftung Warentest vor allem den knapp drei Meter tiefen Graben zwischen Tribüne und Spielfeld als Sicherheitsrisiko kritisiert. Im Falle einer Panik sei er unüberwindbar. Der Fluchtweg aufs Spielfeld damit verbaut.

Dass die Stiftung Warentest in dem Graben ein Problem sieht, weiß die Verwaltung seit 1985. Damals testete die Stiftung schon einmal die Sicherheit im Stadion, Anlass war die Katastrophe im Brüsseler Heysel-Stadion. Das Urteil der Tester: Der Graben ist im Falle einer Panik ein Sicherheitsrisiko. Bei einer neuerlichen Überprüfung im Jahr 1988 erhielt das Olympiastadion zwar das Gesamturteil „gut“, der Graben war aber wegen der erschwerten Fluchtmöglichkeiten aufs Spielfeld erneut kritisiert worden. Projektleiter Jürgen Armbrecht wehrte sich gegen Kritik an der Studie. Er habe sich mit zwei Gutachtern das Stadion im Herbst acht Stunden lang angesehen.

Beim Umbau und der Sanierung des Olympiastadions hatte sich die Verwaltung allerdings bewusst entschieden, den Reportergraben beizubehalten. In Absprache mit Feuerwehr und Polizei und mit Blick auf das so genannte Pflichtenheft des Weltfußballverbands Fifa, das einen Graben als Spielfeldabsicherung vorschlägt, habe man sich gegen den Fluchtweg aufs Spielfeld entschieden. „Es ist sicherer, sofort aus dem Stadion zu flüchten“, erklärte der Projektleiter für den Stadionumbau Andreas Berr. „Wenn die Leute aufs Spielfeld flüchten, müssen sie von dort in Sicherheit gebracht werden.“ Und das sei beim Olympiastadion problematisch. Mit dem Umbau wurde das Spielfeld abgesenkt, es befindet sich zweieinhalb Meter unter dem Straßenniveau, also quasi im Keller. Das behindere eine eventuelle Evakuierung.

Damit stehen sich die Sicherheitsauffassungen diametral gegenüber. Im Gegensatz zur Verwaltung sieht die Stiftung Warentest generell den Fluchtweg auf das Spielfeld als zwingend an.

Die Berliner Feuerwehr ist nicht prinzipiell gegen den Graben. Die im Herbst vorgestellten Brücken sind nach Angaben von Landesbranddirektor Albrecht Broemme völlig ungeeignet, da sie viel zu klein seien und der Aufbau viel zu lange dauere. „Wir müssen überlegen, wie der Graben besser zu überwinden ist“, sagte Broemme, möglich sei, den Graben zuzuschütten oder feste Brücken zu installieren oder aufblasbare Kissen im Graben zu installieren, die sich in Sekunden zu einer Lauffläche entfalten könnten. Die Flucht aufs Spielfeld sei jedoch nicht der beste Rettungsweg, sagte Broemme, am besten sei immer der Weg, der auch beim Hinweg genommen wurde. Da die Treppen sehr breit seien, könne das Stadion schnell evakuiert werden, lobte Broemme. Durch strenge Kontrollen kämen keine Krawallmacher hinein, so Broemme weiter: „Bei der Art von Zuschauern ist keine Panik zu erwarten.“ Einige Punkte der Mängelliste seien bereits abgearbeitet, sagte Andreas Berr. Zum Beispiel: Die Fluchtweg-Zeichen seien nun beleuchtet und die Gänge in den Rängen farblich markiert.

Neben den Senatsverwaltungen will sich auch der Sportausschuss des Bundestages am kommenden Mittwoch mit der Studie befassen. Eventuelle Risiken im Olympiastadion nutzte gestern der bayerische Landtagsabgeordnete Otto Zeitler (CSU): Er schlug vor, auch das Weltmeisterschaftsendspiel in München auszutragen. Das lehnte der Senat ab.

Jörn Hasselmann/Matthias Oloew

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