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Landeshauptstadt: Am Ende ganz oben

Ein 350-Tonnen-Spezialkran hievte gestern eine Stahlkonstruktion auf das Dach des neuen Operationsgebäudes des Klinikums „Ernst von Bergmann“

Der Tag beginnt früh. Schließlich will das Team der Kranlogistik Sachsen GmbH um 17 Uhr wieder zu Hause in Dresden sein – wegen des Weltmeisterschaftsspiels Deutschland gegen Argentinien. Doch erst einmal geht nichts. Bei dem Fußballspiel war das dann ja ähnlich.

Um 9 Uhr stellt Bauleiter Jürgen Sorger fest, dass der riesige Spezialkran der Marke Liebherr, der die Stahlkonstruktion für den Hubschrauberlandeplatz auf das Dach des neuen Operationsgebäudes des Bergmann-Klinikums hieven soll, an der falschen Stelle aufgebaut ist. Er steht zu dicht an den Klinik-Gebäuden, das Gewicht des Monstrums könnte die Kellerwände eindrücken.

12 Uhr Mittags, High Noon. Der Kran, der 350 Tonnen Gewicht heben kann, steht nun auf der richtigen Position. „Rechtzeitiges Erscheinen sichert gute Plätze“ und „Logenplatz macht fünf Euro“ rufen die Bauarbeiter den Fotoreportern zu, die hoch über der Stadt auf einem Baugerüst in Stellung gehen auf der Pirsch für einen guten Schnappschuss. Der Bauleiter schaut auf die Uhr und runzelt die Stirn. Auch er wird ab 17 Uhr nicht mehr auf der Baustelle sein wollen. Andererseits ist der geplante Hebeakt nicht ohne Risiken. Die Stahlkonstruktion, die das einarmige Monstrum heben soll, wiegt „nur“ 40 Tonnen. Der Kran hat von der Papierform her ein leichtes Spiel. Doch Sorger erklärt: Wegen der langen Ausladung – der Kran muss nicht nur hochziehen, sondern seitlich auf das Dach überschwenken – „schafft der das gerade so“. In Brandenburg gibt es in der Baubranche nicht einen solchen Kran- Koloss, in Sachsen zwei und in ganz Deutschland lediglich 20 bis 25.

Dann geht es los, der Kran-Dieselmotor tourt auf. Zentimeter für Zentimeter hebt sich die nahezu kreisrunde Stahlkonstruktion. Sie wird später eine 300 Tonnen schwere Stahl-Beton-Plattform tragen, auf der wiederum die Rettungshubschrauber landen werden. Das Klinikum wird nach dem Herzzentrum Brandenburg in Bernau die zweite medizinische Einrichtung im Land sein, die eine Heli-Plattform erhält. Bislang werden die Potsdamer Klinikums-Patienten, die eingeflogen werden müssen, auf der Wiese vor dem sowjetischen Soldatenfriedhof am Bassinplatz vom Hubschrauber in den Krankenwagen umgelagert. Eine Prozedur, die lebensrettende Zeit kostet. Künftig geht es zügig vom Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach per Fahrstuhl direkt in den Operationssaal. Das ist gut für die Patienten, aber mit Beeinträchtigungen für die Mieter in den nahe gelegenen Hochhäusern verbunden. Die Wohnungsbaugenossenschaft pbg lässt das Hochhaus Charlottenstraße 70 mit Lärmschutzfenstern ausstatten. Wer die Kosten trägt, ist Gegenstand eines Streits zwischen dem Klinikum und der Genossenschaft.

In zwei Meter Höhe stoppt der Kran seine Winden. Die Bauarbeiter müssen Schrauben auf der Unterseite des Stahlringes nachziehen. Dann geht es endlich aufwärts. Bei dem WM-Spiel war das ja auch so. Zahlreiche Zuschauer, Patienten und Personal, erleben die Operation an den Klinikfenstern mit. Dann ist die Last oben, der Kranarm schwenkt ein. Der Stahlkonstruktion fehlt zum kompletten Kreis „ein Tortenstück“, wie Projektleiter Bernd Gutschmidt erklärt. Die Lücke lässt Platz für den vorbereiteten Betonpfeiler, auf dem Bauarbeiter bereit stehen. Sie packen zu. Einen Augenblick lang sieht es so aus, als ob sie die Tonnenlast halten und nicht der Kran. Doch sie schieben und zerren nur an ihr, damit die vorbereiteten Tragbolzen in die Löcher einrasten können. Am Ende gehen sie alle rein. Es passt alles. Die Welt ist in Ordnung. Beim WM-Spiel war es dann ja auch so.

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