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Landeshauptstadt: Die Gesichter zu den Stimmen

Mit dem Synchronpreis treten deutsche Sprecher aus dem Studiodunkel / Potsdamer ohne Trophäe

Linda Evans zeigte sich verblüfft ob ihrer Nominierung, Nicole Kidman wusste gar nicht, dass solch ein Preis existiert, und Sean Connery saß am Donnerstagabend gar in der Jury. Es wäre das Staraufgebot des Jahrzehnts in Potsdam gewesen, hätten alle Schauspieler leibhaftig den Weg ins fx.Center in der Medienstadt gefunden. Anwesend waren zur Verleihung der besten Branchenleistungen 2006 jedoch „nur“ die deutschen Synchronstimmen.

Nur? „Wir sind keine Kanalratten“, sagte Irina von Bentheim, die ohne ihre bekannteste Synchronrolle der Carrie in „Sex and the City“ übrigens genauso schnell und viel spricht. Die Branche drängt aus dem Dunkel der Synchronstudios ins Licht der Öffentlichkeit. Zu Recht. Wie Schauspielerin Franziska Troegner schlicht begründet: „Eine schlechte Synchronisation kann einen Erfolgsfilm zerstören, eine gute aber auch einen schlechten Streifen sehr aufwerten.“ Das beste Beispiel lieferte Rainer Brandt bereits vor mehr als drei Jahrzehnten. Die im Originalton eher dürftige Serie „Die Zwei“ gewann durch die deutsche Synchronisation soviel Witz, dass die Reihe zum Kult wurde. Brandt erhielt dafür als bisher einziger Synchronsprecher einen Bambi und gleich auch noch die Rolle des Juryvorsitzenden für den Deutschen Synchronpreis „übergeholfen“, welcher erstmals in Potsdam verliehen wurde.

Es wurde einiges für den Lokalpatriotismus getan. In der Nachwuchskategorie durfte der 13-jährige Christian Zeiger aus dem Kirchsteigfeld (PNN berichteten) hoffen, die Synchronabteilung von Studio Babelsberg war unter den Nominierten, auch die Babelsberger Firma Hermes Synchron hatte Eisen im Feuer.

Immerhin, eine Medaille erhielt Nachwuchstalent Christian Zeiger bereits für seine Nominierung, wie die beiden anderen Anwärter Patricia Jahn und Mohammed Ponten auch. Im phantastischen Familienfilm „Charlie und die Schokoladenfabrik“ synchronisierte der Leibniz-Gymnasiast die Kinder-Hauptrolle. Die Siegertrophäe erhielt er dann aber nicht. Doch die Eltern Sabine und Frank Zeiger hatten vorgesorgt und schenkten Christian als „Trostpreis“ den lang ersehnten MP3-Player. Die Berlinerin Patricia Jahn bewies hingegen, dass „ein Schuss, ein Treffer“ gelingen kann. Die Zwölfjährige begleitete eigentlich nur eine Freundin zum Casting, wurde prompt für die deutsche Stimme der Shelbie Bruce im Drama „Spanglish“ engagiert und konnte nun den Preis für die beste Nachwuchsleistung entgegennehmen.

Freude bei Studio Babelsberg als die herausragendste Leistung des Jahres bei den Sprechern anstand. Noch vor zwei Jahren stand Wolfgang Condrus nebenan in den Synchronstudios, um die Hauptrolle im erschreckend wenig gewürdigten Meisterwerk „Old Boy“ zu sprechen. „Beklemmend und dicht, fast liebevoll, überraschend“, umriss Klaus Sonnenschein – die Stimme von Sean Connery – die Leistung von Condrus. Dieser fühlte sich geehrt und gestand: „Ich bin mir gegenüber sehr kritisch, war in diesem Film aber überwiegend sehr einverstanden mit mir.“

Gänsehaut-Gefühl gab es bei der Dankesrede von Gisela Fritsch, die für die Synchronisation von Cloris Leachman in „Spanglish“ ausgezeichnet wurde. Vor allem dank ihrer rauchig-erotischen Stimme, die bereits jahrelang die „deutsche“ Linda Evans im Denver-Clan schmückte. Leer ging Petra Barthel aus, die Nicole Kidman in „Die Dolmetscherin“ gesprochen hatte. Feine Ohren hören bei ihr auch noch andere Hollywood-Größen heraus: Uma Thurman und Juliane Moore. Was passiert, wenn Kidman und Thurman gemeinsam einen Film drehen? „Ich hoffe, das passiert nicht!“ Denn entscheiden wolle sie sich zwischen „ihren“ zwei Frauen nicht.

Und auch der Potsdamer Christian Zeiger durfte sich noch über einen Preis freuen. Der zwar nicht an ihn, aber immerhin an seinen Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ ging. Klaus Bickert erhielt die Siegerskulptur für das beste Synchrondrehbuch. Franziska Troegner, die neben Johnny Depp in diesem Streifen brillierte, erinnert sich mit gemischten Gefühlen an die Synchronisation ihrer selbst. „Im Original habe ich natürlich englisch gesprochen. Es ist merkwürdig, sich selbst zu übersetzen.“ Überhaupt habe sie es nicht mit der Synchronisation. 1992 war Troegners letzte Auftragsarbeit: „Es war schrecklich“, gestand sie. In Folge ihres Unvermögens müsse ihre Gage immer noch im Studio liegen. „Ich habe die jedenfalls nicht abgeholt.“ Dabei soll es doch so einfach sein, glaubt man Klaus Sonnenschein, der gesagt haben soll: „Ick hör mir den Original-Ton an und mach“ dit dann deutsch.“

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