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Unterirdische Kommunikation. Die Sommerwurz wartet auf Wirtspflanzen.

© MB

Homepage: Ein grüner Vollparasit

Die Efeu-Sommerwurz bedient sich bei Nachbarn

Im Botanischen Garten der Uni Potsdam gibt es zahlreiche exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.

Pflanzen haben grüne Blätter. Mit dem Chlorophyll treiben sie Photosynthese, bauen also organische Substanz aus Kohlendioxid und Wasser auf, wofür sie die Energie des Sonnenlichts nutzen. Sie sind damit die Grundlage fast allen Lebens auf der Erde. Durch die Bindung des Kohlendioxids wirken sie außerdem dem Treibhauseffekt entgegen. Nicht so die Efeu-Sommerwurz (Orobanche hederae). Ihre bräunlich-bleichen Blütentriebe zwischen den grünen Efeublättern besitzen weder grünes Laub noch überhaupt Blattgrün. Organische Substanzen bezieht die Pflanze vom Efeu, ihrem Wirt. Es handelt sich also um eine Schmarotzerpflanze, einen sogenannten Vollparasiten.

Ein einziger Blütenstängel der Sommerwurz kann mehrere Hunderttausend winziger Samen produzieren, jeder nur Bruchteile eines Millimeters groß, dafür aber langlebig. Schon vor 190 Jahren machte man die erstaunliche Entdeckung, dass keimende Sommerwurzsamen schnurstracks auf die nächste Wirtswurzel zuwachsen. Sie erkennen offenbar die Richtung. Erst seit einigen Jahren ist dieser Prozess nun besser verstanden: Die Samen und Keimlinge reagieren auf bestimmte Ausscheidungen der Wurzeln, sogenannte Strigolactone, womit die Wirtspflanze eigentlich mit ihren Pilzpartnern kommuniziert. Statt symbiontischer Mykorrhizapilze, die die Wurzeln bei der Mineralstoffaufnahme unterstützen, fängt sich der Efeu dabei offenbar gelegentlich einen Schmarotzer ein, der nur nimmt und nicht gibt.

Was gar nicht so einfach ist: Pflanzen besitzen ein zweigeteiltes Transportsystem, eines für die Versorgung mit Wasser und darin gelösten Nährsalzen, das Xylem genannt wird, und ein zweites, das Phloem (sprich: Flo-em, nicht Flöm) heißt und die Produkte der Photosynthese transportiert. Vollparasiten wie die Efeu-Sommerwurz zapfen beide Systeme an, denn außer Blattgrün fehlt ihnen auch ein reguläres Wurzelwerk. Halbschmarotzer dagegen besitzen Blattgrün und gehen daher nur ans Xylem ihres Wirts, um sich mit Wasser zu versorgen.

Die winzigen Samen der Efeu-Sommerwurz enthalten einen noch winzigeren Embryo und etwas Nährgewebe. Das reicht gerade für ein Wachstum von einigen wenigen Millimetern, dann muss der Wirt erreicht sein. Dies korrespondiert mit der ebenfalls sehr geringen Reichweite der Strigolactone. Die Samen ruhen demnach jahrzehntelang im Boden und warten darauf, dass endlich eine Efeuwurzel dicht genug vorbeikommt. Da das nicht allzu häufig passiert, wird die große Zahl produzierter Samen verständlich.

Manche Sommerwurzen – es gibt etwa 150 Arten – zapfen unterschiedliche Wirte an, andere wie die Efeu-Sommerwurz nur einen einzigen. Experimente in den letzten Jahren haben gezeigt, dass diese Verhältnisse durch den spezifischen Chemismus unterschiedlicher Strigolactone und weiterer Botenstoffe geregelt werden. Michael Burkart

Photosynthese, Parasitismus, Kommunikation im Pflanzenreich präsentiert die Ausstellung „Aus dem merkwürdigen Leben der Pflanzen“ vom 13. August (Eröffnung 17 Uhr) bis 6. Oktober im Botanischen Garten. Am Sonntag, 4. August (15 Uhr), gibt es das Aktionsprogramm für Kinder ab 6 zu fleischfressenden Pflanzen. Anmeldung unter www.botanischer-garten-potsdam.de.

Michael Burkart

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