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Homepage: Ein Redner wird gemacht

Ein redegewandter Erstsemestler gründete einen studentischen Debattierclub an der Universität Potsdam

Ein redegewandter Erstsemestler gründete einen studentischen Debattierclub an der Universität Potsdam Von Friedmar Tielker „Ich habe den Wunsch gehabt zu debattieren“, erzählt der Politikstudent Dirk Arne Heyen lakonisch. Gleich in seinem ersten Semester hat er den Debattierclub „Wortgefechte“ gegründet. Mit ihm treffen sich nun einmal in der Woche 15 Studenten an der Universität Potsdam, um gepflegt zu streiten. In dem Debattierclub gibt es nach englischem und amerikanischem Vorbild einen gesitteten Schlagabtausch. Die Regeln sind klar festgelegt. Das Thema wird spontan festgelegt, die Redewilligen teilen sich in Pro- und Contragruppen auf und nach einer viertelstündigen Vorbereitungszeit kommt es dann zur Debatte. „Wichtig ist dabei, dass es keine freie Diskussion sein soll, sondern einzelne Reden“, betont der Vorsitzende des Debattierclubs Dirk Arne Heyen. Dabei stünden jedem Redner dann etwa fünf Minuten zur Verfügung, um mit seinem eingenommenen Standpunkt zu überzeugen. Inwieweit das geglückt ist, wird abschließend von einem Teil der Gruppe bewertet, die als Jury das Geschehen beobachtet hat. An diesem Wochenende starten zwei Studenten für Potsdam auf der internationalen Debatier-Turnier Berlin Open 2005 vertreten, mit etwa 120 Teilnehmern wird gerechnet. Für den Potsdamer Debattierclub „Wortgefechte“ laufe momentan der Antrag auf Gründung einer Hochschulvereinigung, erzählt Dirk Arne Heyen. Schließlich ist der Debattierclub jetzt auch offizielles Mitglied des deutschen Verband der Debattierclubs an Hochschulen (VDCH). Dieser existiert seit Herbst 2001 und richtet vor allem Turniere aus – bundesweit, aber auch europaweit. Bei den internationalen Turnieren wird dann auf Englisch gestritten. In über 30 Städten Deutschlands sind in den letzten Jahren Debattierclubs entstanden. Als Schirmherr des VDCH wurde unlängst Wolfgang Thierse gewonnen. Dieser steht mit Gesicht und Namen nun für die vierte angelaufene Debattenserie. Wenn auf einem Debattier-Turnier wie gehabt das Streitthema lautet „Roberto Blanco soll eine neue Nationalhymne komponieren“, würde Dirk Arne Heyen nicht kneifen, aber lieber seien ihm reelle politische Themen. Der Erstsemestler ist „kein Freund davon, zwanghaft humorvoll“ zu sein. So wurde im Potsdamer Debattierclub bislang zum Beispiel darüber gestritten, ob Bildung Bundessache sein sollte oder ob Deutschland einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat erhalten sollte. Es sind eben auch zum Großteil Studenten der Politikwissenschaft, die bei „Wortgefechte“ mitmachen. Unter den 15 Teilnehmer befinden sich lediglich ein paar Wirtschaftswissenschaftler und ein paar Juristen. „Das liegt in der Natur der Sache“, erklärt der junge Vorsitzende. Aber natürlich wären alle Interessierten willkommen. Bettina Klammt, die unlängst in den Vorstand gewählt wurde, stellt klar: „Wir wollen noch mehr Mitglieder gewinnen und sind für Angehörige aller Hochschulen in Potsdam offen.“ Dirk Arne Heyen erklärt worauf es bei den Reden in den Debatten ankommt. „Der Anfang ist das Wichtigste“, sagt der Politikstudent. Für einen gelungenen Einstieg eigne sich zum Beispiel eine Provokation oder eine kleine lustige Geschichte. Damit könne man versuchen das Publikum zu gewinnen. Im weiteren Verlauf der Rede komme es dann vor allem auf eine klare Gliederung und klare Formulierungen an. Zum Schluss käme dann nach einer kurzen Zusammenfassung noch der zugespitzte Appell an die Zuhörer. „Das Debattieren bringt Selbstsicherheit“, meint der Politikstudent. Das zahle sich dann stark bei Referaten an der Uni aus, a Aber auch bei Bewerbungsgesprächen. Um die Effektivität solcher Rhetorikübungen zu unterstreichen fügt Dirk Arne Heyen noch einen altbewährten Satz hinzu. „Schon die Lateiner sagten: Ein Dichter wird geboren, ein Redner wird gemacht“, erinnert der Student. „Wenn es nur Rhetorik ist“, so Heyen, „dann ist es jedoch mehr Schein als Sein. Und das ist schlecht.“ Natürlich müssen die Redner auch mit Inhalt überzeugen. „Aber“, so fügt der Student hinzu, „die Sptizenredner auf den internationalen Turnieren reden locker sieben Minuten ohne Vorbereitung und man glaubt das!“ Denn auch der beste Inhalt sei ohne die Rhetorik nichts. Schon bei der Vorbereitung merke man als Teilnehmer die Schwächen der eigenen Position, man versuche diese auszuloten und sich entsprechend auf Angriffe vorzubereiten. Die eigene Position halte er in den meisten Fällen nur für die halbe Wahrheit. Klar, dass dann die Wahrheit in der Regel irgendwo in der Mitte liegt. Auch Professoren und Abgeordnete möchte der engagierte Student in Zukunft zu öffentlichem Debattieren einladen. Das Thema soll dabei schon vorher bekannt gegeben werden. „Aber ohne Rücksicht auf eigene Positionen“, schließt Dirk Arne Heyen.

Friedmar Tielker

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