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Sport: „Eine neue Halle an der Sandscholle würde helfen“

Lutz Henrich, Vorsitzender des Stadtsportbundes Potsdam, schätzt die Sporthallen-Situation in der Stadt als unbefriedigend ein, befürchtet einen neuen Vorstoß der Stadt, sich die Nutzung ihrer Sportstätten bezahlen zu lassen, und tritt

Am Sonnabend bittet der Stadtsportbund Potsdam zu seinem achten Stadtsportball ins Seminaris-Seehotel. Was werden Sie dort den Gästen aus Sport, Politik und Wirtschaft erzählen, Herr Henrich?

Dass wir erneut auf ein erfolgreiches Sportjahr zurück blicken können und dass der Stadtsportbund sich weiter entwickelt hat. Und ich will mich beim Oberbürgermeister für die relativ günstigen Bedingungen bedanken, die Potsdams Sportvereine bei der Nutzung der städtischen Sportstätten haben. Wir müssen jährlich 50 000 Euro für die Haushaltskonsolidierung in die Stadtkasse zahlen, daher können wir nicht von einer ganz kostenlosen Nutzung sprechen. Aber die Bedingungen in Potsdam sind derzeit weit besser als alle Modelle, die bisher hier diskutiert wurden, und weit besser als in vielen anderen Kommunen des Landes.

Sie sprachen von einer Weiterentwicklung des Stadtsportbundes – wie sieht die aus?

Wir hatten Ende 2005 insgesamt 19 916 Mitglieder, die in 136 Vereinen organisiert Sport treiben, darunter 6655 Kinder und Jugendliche. Das ist ein leichter Zuwachs gegenüber dem Vorjahr. In diesem Jahr wollen wir das 20 000. Mitglied begrüßen.

Wo drückte am meisten der Schuh?

Bei den Finanzen. So gab es durch die Stadt eine empfindsame Halbierung der Gelder für die Stelle unserer Jugendsportkoordinatorin. Das konnte nur durch eine erstmals vom Stadtsportbund erhobene Mitgliedsgebühr von einem Euro pro Mitglied und Jahr kompensiert werden. Zum März dieses Jahres ist die Stelle des Jugendsportkoordinators neu ausgeschrieben. Diese oder dieser wird erneut zur Hälfte durch unsere Mitgliedsbeiträge zu bezahlen sein und nach einem neuen inhaltlichen Konzept arbeiten, das eine bessere Vernetzung der Sport- und Jugendarbeit vorsieht.

Der städtische Haushaltsentwurf sieht für 2006 eine zehnprozentige Kürzung der Sportförderung von 179 000 auf 161 000 Euro vor – welche Auswirkungen hätte das für die Arbeit des Stadtsportbundes?

Das würde bedeuten, dass wir die Sportvereine nicht mehr so gut bei der Organisation herausragender Veranstaltungen unterstützen können, wie wir das gern täten. Ob das nun den Sparkassenlauf Preußische Meile oder die Wasserspiele der Kanuten betrifft, den Nachtstaffellauf, die Stabhochsprung-Meetings, den Schüler-Drachenboot-Cup oder das Schwimmen um den Pokal des Oberbürgermeisters, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wie stellt sich Ihrer Meinung nach die Sporthallen-Situation in Potsdam dar?

Alles andere als befriedigend, und dies nicht nur, weil Potsdam nach wie vor keine ordentliche Halle für Großveranstaltungen hat. Ein Drittel der Anträge der Vereine auf Hallennutzung kann derzeit nicht berücksichtigt werden, weil die Hallenkapazität nicht ausreicht. Die Bedeutung der Sportstättenkommission des Stadtsportbundes wird in diesem Jahr noch zunehmen. Sie soll dabei helfen, noch besser als bisher Prioritäten bei der Hallenvergabe zu setzen, und dann auch eine Kontrollfunktion ausüben. Selbst die Potsdamer Universität ist betroffen. Im Winter- und Sommersemester 2005 belegten zwar 9872 Studenten Sportkurse in 83 Sportarten, doch für dieses Wintersemester haben sich 2456 Studenten für Kurse eingeschrieben, die wegen Kapazitätsmangel nicht berücksichtigt werden können; beispielsweise im Kampfsportbereich, im Volleyball, Basketball und Badminton. Zur Lösung der Probleme beitragen könnten auch eine städtische Unterstützung eines Hallenneubaus an der Babelsberger Sandscholle und die Hilfe der Vereine, indem sie einen Teil der Studenten aufnehmen, um diese während ihrer Hallenzeiten mit trainieren zu lassen.

Im Jugendhilfeausschuss und in der Stadtverordnetenversammlung wird derzeit darüber diskutiert, die sportliche Hallennutzung auch für alle freien Träger der Jugendarbeit zuzulassen und dafür die Sportfördersatzung der Stadt zu verändern.

Wir finden, dass das nicht der richtige Weg des Kinder- und Jugendsports ist. Wir freuen uns, wenn möglichst viele de von den freien Trägern betreuten Mädchen und Jungen auch Sport treiben. Das aber sollten sie in Kooperation mit den Sportvereinen tun, wie es das bewährte Modell Schule–Sport zeigt.

Besteht die Gefahr, dass die Stadtverwaltung ihre Idee vom Sportstättennutzungsentgeld – die in den letzten Jahren für viel Diskussion sorgte – wieder auf die Tagesordnung setzt?

Schon während eines Stammtischs für die Sportvereine im Oktober haben wir darauf hingewiesen, dass die Stadt dieses Thema 2006 wieder auf den Tisch bringen will. Um das zu vermeiden, müssen wir die Stadtverordneten immer wieder davon überzeugen, wie wichtig der Vereinssport für die Gesellschaft ist. Das gelingt uns um so besser, je deutlicher wir zeigen, dass wir auch Eigenleistungen zur Sanierung und Werterhaltung der Sportstätten leisten. In der Vergangenheit ist uns das ganz gut gelungen. Da haben wir Leistungen im Wert von 31 000 Euro erbracht, beispielsweise indem der UJKC Potsdam den Judo-Keller in der Sporthalle Heinrich-Mann-Allee selbst sanierte und der FSV Babelsberg 74 die Sanitär- und Umkleideräume der von ihm genutzten Halle selbst malerte. Leider verstecken sich noch zu viele Vereine hinter den Aktivitäten jener, die etwas machen und damit das Ansehen des Sports in der Stadt erhöhen. Ich hoffe, in diesem Jahr wird die Bereitschaft zu Eigenleistungen noch größer werden.

Worin sieht der Stadtsportbund die Schwerpunkte seiner Arbeit in diesem Jahr?

Als Interessenvertreter des Sports gegenüber der Politik haben wir mitzuhelfen, die materiellen und organisatorischen Bedingungen für einen ordentlichen Trainings- und Wettkampfbetrieb der Sportvereine zu sichern, vor allem für den Kinder- und Jugendsport. Wir wollen in diesem Jahr den Schlösser-Marathon mit Unterstützung vieler Potsdamer Vereine erneut zu einem tollen Erlebnis werden lassen und die im vergangenen Jahr erstmals stattgefundene Bummi-Olympiade der Stadtsportjugend wieder durchführen. Wir werden den Vorschulsport noch mehr fördern, ebenso den Seniorensport.

2006 grassiert das Fußball-WM-Fieber in Deutschland – auch beim Stadtsportbund?

Natürlich. Zum einen freuen wir uns, dass während der Weltmeisterschaft die ukrainische Nationalmannschaft zu Gast in Potsdam sein wird. Zum anderen unterstützen wir das Finale der Straßenfußball-WM für Schulen, das vom 7. bis 10. Juni im Potsdamer Lustgarten ausgetragen wird.

In diesem Jahr stehen auch wieder die Wahlen im Stadtsportbund an. Wann genau?

Wir werden dazu wahrscheinlich zu Ende März, Anfang April einladen. Dann wird der Vorstand Rechenschaft über die Arbeit der letzten zwei Jahre ablegen und neu zu wählen sein.

Werden Sie wieder als Vorsitzender des Stadtsportbundes kandidieren?

Ja.

Was würden Sie in einem Jahr den Gästen des Stadtsportballs 2007 am liebsten erzählen?

Dass wir endlich mit den Tourismus- und Kulturvereinen der Stadt zusammen ein gemeinsames Nutzungskonzept für eine neue Sporthalle in Potsdam erstellen können. Dass die Vereine weiterhin sehr moderate Bedingungen fürs Sporttreiben haben. Und dass wir wieder auf ein sehr erfolgreiches Sportjahr zurückblicken können und wegen der vielen Top-Leistungen die Qual bei der Auswahl der Potsdamer Nachwuchssportler des Jahres 2006 noch größer geworden ist.

Das Interview führte Michael Meyer

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