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Landeshauptstadt: Griff an den Allerwertesten

Münchnerin fühlte sich in ihrer Ehre verletzt und erstattete Anzeige

Münchnerin fühlte sich in ihrer Ehre verletzt und erstattete Anzeige AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein „Ich bin 50 Jahre alt. Da mache ich so etwas doch nicht mehr“, entrüstet sich Kosta T. vor Gericht – und hat schon zum ersten Mal gelogen. Laut Geburtsurkunde ist der Jugoslawe nämlich erst 47. Am Abend des 19. Dezember 2002 soll der Junggeselle auf der Rolltreppe der Bahnhofspassagen intensiv das Gesäß einer jungen Münchnerin getätschelt haben. Die Frau sah sich dadurch in ihrer Ehre verletzt und erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung. Die Staatsanwaltschaft betonte sogar das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung. An selbiger ist Kosta T. allerdings so gar nicht gelegen. Schließlich fühlt er sich unschuldig. „Wenn ich die Dame wirklich berührt habe, dann ist das aus Versehen passiert“, beteuert der arbeitslose Schlosser. „Ich kam mit einem Landsmann von einer Feier und war ganz schön besoffen.“ (1,66 Promille.) Aus Jux habe er sich auf der Rolltreppe mit dem Kumpel geschubst, sei dabei gegen die vor ihm Stehende gefallen. Die habe ihm unmittelbar darauf einen Tritt versetzt, den er sich nicht erklären könne. Andrea Z. (23) hilft dem Gedächtnis des wegen mehrfachen Diebstahls, Sachbeschädigung und Verstoßes gegen das Asylverfahrensgesetz Vorbestraften auf die Sprünge. „Ich wollte mit meinem Freund zum Zug. Auf einmal begann jemand, an meinem Hintern rumzukraulen. Da habe ich mich gewehrt und blindlings um mich getreten.“ Die Tierpflegerin aus Bayern ist sich sicher, den Grabscher bei ihrer Attacke erwischt zu haben. „Außer uns standen in dem Moment nur noch die beiden Ausländer auf der Rolltreppe“, präzisiert sie. Auch Holger K. hat augenscheinlich Schwierigkeiten mit seinem Alter. Erst will er 42 sein, dann 44, später 43. „Rechnen Sie noch einmal in Ruhe nach“, rät Richter Eckart freundlich. Dann kommt dem Schaustellergehilfen die Erleuchtung: „Ich bin 45 Jahre.“ Der Ex-Freund der Münchnerin erinnert sich an plötzlich aufkommende Nervosität seiner damaligen Partnerin. „Sie sagte mir, jemand habe sie an den Allerwertesten gefasst.“ Als er den vermeintlichen Fummler zur Rede stellen wollte, habe er sogleich eine Faust im Gesicht gespürt, so der Zeuge. „Ich stand am Geländer und sah vier Personen, die sich beharkten“, berichtet Wachschutzmitarbeiter Sebastian V. (25). Erst habe er die zwei ausländischen Mitbürger nach dem Anlaß des Streits gefragt, allerdings keine vernünftige Antwort erhalten, sich danach dem Pärchen zugewandt. „Der Herr sagte, seine Freundin sei soeben unsittlich berührt worden.“ Er kenne er den Angeklagten übrigens schon von früheren Straftaten im Bereich des Bahnhofs, erzählt der Wachmann. „Da ist er uns gegenüber immer sehr aggressiv aufgetreten.“ Der Richter hat genug gehört. Der Angeklagte sei nicht gestolpert, sondern er wollte ganz offensichtlich das Hinterteil der Zeugin erkunden. Dies sei – da er von ihr nicht dazu eingeladen wurde – eine Beleidigung, stellt er klar. Das Urteil: 30 Tagessätze zu je fünf Euro für den Empfänger von Sozialhilfe.

Gabriele Hohenstein

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