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Kultur: Diener der Musik

„Danjulo Ishizaka ist kein Talent mehr, sondern eine veritable Musikerpersönlichkeit“, schrieb ein Kritiker über den jungen Cellisten. Heute spielt er beim 5. Sinfoniekonzert im Nikolaisaal

Herr Ishizaka, Sie sind erst 26 Jahre, und die Kritiker feiern Sie bereits in höchsten Tönen. „Genie bricht sich Bahn“ titelte jüngst eine Zeitung nach Ihrem Gastspiel in der Alten Oper Frankfurt (Main). Sie erhielten auch den 1. Preis beim renommierten Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München. Wie behält man bei solcher Euphorie die Erdung?

Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Musik wie ein Kosmos ist, der keine Ende hat. Es gilt also, immer weiter zu studieren, um diesen Kosmos zu erfahren, den man doch nie ganz ergründen wird. Auch bei Stücken, die man immer wieder spielt, gibt es keine Grenze, nicht die „ideale“ Interpretation. Es gibt so viele Deutungsmöglichkeiten. Insofern erreicht man nie das Ziel: Der Weg ist das Ziel.

Was ist für Sie Anerkennung?

Es ist schön, wenn man sieht, dass es den Leuten gefällt, sie die Musik, die man spielt, bewegt. Man ist Diener dieser Musik und stellt sich nicht in den Vordergrund, der eigene Ruhm hat keine große Bedeutung, sonst ist es der Sache nicht förderlich.

Ihr Name verrät eine japanische Herkunft.

Mein Vater ist Japaner, meine Mutter Deutsche. Ich wurde in Bonn geboren und bin auch dort aufgewachsen. Ich spreche nur ein bisschen japanisch und habe auch nie in Japan gelebt.

Aber Sie fahren des öfteren nach Japan zum Konzertieren, spielten dabei gemeinsam mit dem NHK Symphonie Orchestra Tokyo.

Ja ich habe jetzt wieder eine Tournee geplant. Die Japaner sind ein sehr begeisterungsfähiges Musikpublikum.

Für ein kleines Kind so ein großes Instrument wie das Cello spielen zu lernen, dürfte nicht einfach sein. Haben Sie gleich darauf begonnen?

Zunächst habe ich Klavier gespielt, doch mit Vier kam ich zum Cello und es zeigte sich schnell, dass mein Talent für dieses Instrument bestimmt ist. Natürlich begann ich erst auf einem kleineren Instrument, einem Sechzehntel-Cello.

Haben Sie freiwillig viel geübt?

Am Anfang waren meine Eltern noch sehr hinterher, war das tägliche Üben für mich nicht selbstverständlich. Schließlich konnte man sich dadurch wenig mit Freunden treffen.

Sind Sie in einem musikalischen Elternhaus aufgewachsen?

Meine Mutter ist Klavierlehrerin, mein Vater ist „nur“ ein begeisterter Konzertgänger.

Zu welcher Epoche fühlen Sie sich musikalisch besonders hingezogen?

Eigentlich zu allen. Ich spiele sehr gerne Werke des Barock und auch der Klassik. Ich mag die Romantik und auch Zeitgenössisches. Bach und seine Söhne, Vivaldi, Beethoven, Schumann, Elgar, Penderecki – eben die ganze Vielfalt. Vor zwei Jahren habe ich auch ein Werk von Aribert Reimann mit uraufgeführt.

In Potsdam ist von Ihnen ein Stück aus der Romantik, Robert Schumanns Cellokonzert, zu hören. Haben Sie sich dieses Werk ausgesucht?

Nein, das Orchester. Es ist eines der schönsten Beispiele der Romantik und Robert Schumann ist auch einer meiner Lieblingskomponisten, selbst wenn er nicht viel für Cello geschrieben hat. Seine Gefühlssprache geht einem sehr zu Herzen.

Wie liefen die Proben mit dem Staatsorchester Frankfurt (Oder)?

Sehr gut, ich bin sehr zufrieden. Der Chefdirigent Heribert Beissel hat enorme Erfahrungen.

Anfang März haben Sie ein Konzert in der berühmten Carnegie Hall in New York. Wie bereiten Sie sich auf dieses besondere Ereignis vor?

Gewissenhaft, wie immer. Es ist ein denkwürdiger Ort, der einen sicherlich zusätzlich inspirieren kann. Vielleicht ist man angespannter als sonst, vielleicht löst es aber auch eine zusätzliche Emotionalität aus.

Sind Sie vor ihren Auftritten sehr aufgeregt?

Mal mehr, mal weniger. Da gibt es die ganze Palette, und es ist auch kein schlechtes Zeichen, eine gewisse Anspannung zu haben. Es sollte sich ja auch eine Spannung zwischen Künstler und Publikum herstellen.

Gibt es ein festes Ritual, das Sie vor dem Konzert pflegen?

Nein, ich versuche nur, Mittagsschlaf zu machen. Ich bade nicht meine Arme vorher 20 Minuten im warmen Wasser wie manche Kollegen. Auch nach dem Konzert fühle ich mich sehr unterschiedlich. Manchmal bin ich sehr erschöpft und manchmal könnte ich noch zwei, drei Stunden weiter spielen.

Wie halten Sie sich ansonsten fit?

Seit kurzer Zeit gehe ich ins Fitness-Studio. Sport ist schon wichtig, schließlich ist der Körper Teil des Instruments. Also muss man ihn gut pflegen, weil man eine große Verantwortung für ihn hat. Aber es macht auch einfach Spaß.

Wie gedrängt ist Ihr Konzertkalender organisiert?

Ich gebe nicht extrem viele Konzerte, vielleicht 70 im Jahr. Das möchte ich von der Quantität her nicht hoch fahren. Man muss auch Zeit für sich selbst haben, um sich weiter mit den Werken zu beschäftigen, und seinen Hintergrund anzureichern.

Sie spielen auf einem Stradivarius-Violincello aus dem Jahre 1696, das Ihnen vor zwei Jahren sicher aufgrund Ihrer großen Virtuosität und bereits ausgeprägten Ausstrahlung von der Nippon Music Foundation zur Verfügung gestellt wurde. Was bedeutet Ihnen dieses Cello?

Man lernt viel von so einem Instrument: Es bietet die Möglichkeit, Klangfarben zu erforschen, die man vorher nicht gefunden hat. Es gibt aber auch wunderbare andere alte Instrumente. Und auch heutige Geigenbauer fertigen sehr klingende Instrumente. Nicht desto trotz: Dieses Cello ist etwas besonderes, schon rein emotional.

Das Gespräch führte Heidi Jäger.

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