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Kultur: Wildes Norwegen

Lehrender Künstler: Ein Besuch bei Daoud S. Anad

Unvergessen sind diese glühenden Augen Sumers auf dem an „Guernica“ erinnernden Triptichon in Michendorf vor zwei Jahren, als Daoud Salman Anad noch in der Funktionsbaracke von St. Norbert mit seinen Zöglingen und für sich selber arbeitete. Ein Reflex auf den Irakkrieg. Sein jetziges Atelier, das sich an der Bahnstrecke zwischen Rehbrücke und Drewitz befindet: eine ausgedehnte Unterkunft mit langem Flur, rechts und links viele Zimmer. Kaum eine Wand ist unbedeckt: Bilder, Bilder, Bilder.

Der in Bagdad geborene Künstler ist jetzt also Potsdamer, deutscher Staatsbürger seit 1997 sowieso, und fleißig, trotz einer unangenehmen Operation, welche noch immer sein Gehen beschwert. Er hat viel gemalt, neue Kontakte geknüpft, Ideen geschmiedet, wie damals geht man bei ihm aus und ein. Zwei Schülerinnen der Sportschule erlernen im Rahmen einer Projektarbeit gerade die Grundelemente der Kunst, für die er geboren zu sein vorgibt.

Am Küchentisch mit Kuchen, Obst und Säften sitzen heute drei andere im regen Disput: Vigdis Yttervik Eriksen, Allis Lysne und Roald Danielsen, der sich humorvoll „Kraftfahrer“ nennt. Sie alle sind Norweger. Die beiden Damen haben ihr eigenes Atelier im Anwesen des Maler-Professors, wohnen aber in Beelitz. Allis aus Farsund – einer kleinen Stadt im Süden mit sehr viel Geld – versteht sich als „Marinemalerin“ der vielleicht mehr romantischen Art, obwohl ihr auch der Untergang der „Titanic“ nicht entgangen ist. Aber genauso findet man Motive ihrer Heimat, und „abstrakte“ Poesie – man glaubt, darin Spuren der an Picasso geschulten Ästhetik ihres Lehrmeisters und Freundes wiederzufinden. Klar, die beiden haben ihn schon in Michendorfs Zeiten konsultiert. Jetzt machen sie einen dreimonatigen Kurs bei ihm, denn „von Daoud lässt sich viel lernen“. Der Lehrplan: Landschaft, Porträt, Stillleben, Perspektive, abstrakt und Malen mit Ei-Pigmenten auf alte Art. Auch Grafik. Schnell sind die Privat-Kataloge herausgeholt – wenn die Presse schon mal da ist. Ein Meer von Farben, von phantastischen Motiven tut sich auf, jeder Künstler schafft sich wohl seine eigene Welt. Vigdis Yttervik Eriksen kann wunderbare Porträts produzieren, die wilden Landschaften Norwegens wiedergeben, aber auch surreale Szenen mit Tieren und Menschen erfinden, oft auf kobaltblauem Grund.

Beide bevorzugen die Ölmalerei, beide sind in Skandinavien wohl bekannt, doch mit ihren Techniken noch lange nicht fertig. Wann sei man das schon. Der Iraker lernte sie in Oslo kennen, wo man ihn, nach einigen Ausstellungen, zum „Künstler des Jahres 2005“ kürte und wo er jährlich einmal hinfährt.

So reifte auch der Plan einer deutsch-skandinavischen Privat-Akademie für den Kunst-Nachwuchs heran, deren einer Teil im Brandenburgischen, der andere aber im schwedischen Bengtfors beheimatet werden soll. Vieles ist noch unklar, die hiesige Lokalität, auch die Finanzierung, aber Anad reist demnächst zu einem Ausstellungsprojekt in die Arabischen Emirate. Vielleicht ergibt sich ein Sponsoring. Man kennt ihn ja in seiner Heimat, wenn er dort derzeit auch nichts zeigen mag: „zu makaber“. Er konnte inzwischen zwei gewichtige Professorenkollegen für den recht kühnen Plan interessieren, schade nur, dass Anad um Verschwiegenheit bat. Liefe alles nach Plan, so kann (und soll) die Akademie für jeweils zehn Eleven spätestens im nächsten Jahr mit ihrer Lehrtätigkeit beginnen. Noch aber sind die Konditionen unklar, da ist jetzt nicht viel mehr zu berichten.

Es klingelt wieder, neuer Besuch, neue Gespräche. Die Norwegerinnen malen trotzdem weiter, indes der vermeintliche „Kraftfahrer“ sie an der Staffelei fotografiert – und unsereiner denkt, wenn sie drei schon Monate bleiben, dann sollte es doch möglich sein, eine richtige Ausstellung für sie zu organisieren. Gelegenheit dazu hat man ja nicht alle Tage.

Gerold Paul

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