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DasWAR’S: Grüner Ketchup und Blaues Wunder

Was Peter Könnicke über eine Messe für Essen denkt

Soeben ist eine Kollegin von der Grünen Woche in die Redaktion zurückgekehrt. Sie ist sozusagen unsere Korrespondentin für Fisch, Fleisch, Obst und Gemüse. Nach ihrer Ankunft gab es einen kurzen Disput über den Sinn von grünem Ketchup. Ich persönlich finde das ja ziemlich schwachsinnig. Als würde man grüne Tomaten essen.

Die Messe-Berichterstatterin solle 70 Zeilen schreiben, sagte ihr der verantwortliche Kollege. „Schön straff runter“, so seine Empfehlung, was sie schwierig fand. „Die grüne Woche ist Trallala, da ist nichts mit schön straff runter“, belehrte sie. Den Eindruck habe ich auch: Trallala. Beköstigungsfolklore unterm Funkturm. Wie erklärt man in Afrika, was die „Grüne Woche“ ist. Soll man erzählen, dass in großen Hallen Essen ausgestellt wird. Dass tausende Menschen Autobahnen und Parkplätze blockieren, um sich Essen anzugucken. Dass sie sogar dafür bezahlen, um sich Würste, Kartoffeln und Marmelade zu begaffen. Dass es organisierte Busreisen gibt und am frühren Nachmittag kichernde Omas auf dem Messedamm stehen, weil sie bei der Weinverkostung nicht wussten, wann es genug ist. Ich weiß, dass es auf der Grünen Woche auch Aussteller aus Afrika gibt, die „landestypische Produkte“ vorstellen, wie es so schön heißt.

Trotzdem, es wäre besser, wenn in Afrika als Grüne Woche die ersten sieben Tage der Regenzeit beschrieben werden. Alles andere irritiert nur. So wie es mich irritiert hat, als man mir als Kind einmal androhte, ich würde mein „Blaues Wunder“ schon noch erleben. So wie das klang, konnte das nichts Gutes sein. So war ich dann auch etwas verunsichert, als ich als Jungpionier mein blaues Halstuch bekam. Um den Hals gebunden hat man sich das Tuch mit einem Pionierknoten. Das ist ein Doppelknoten, bei dem, wenn man es richtig gemacht hat, der eine Knoten den anderen verdeckt. Es gab zwei Sorten Halstücher: die älteren Modelle waren aus Baumwolle, die mussten gebügelt werden. Die neuen waren aus knitterfreiem Dederon und man konnte durchgucken, so dass alles leicht blau erschien. Als Kind mag einem das genauso wundersam vorkommen wie einem Äthiopier eine Ausstellung für Lebensmittel.

Und dennoch könnte sich alles fügen. Unsere Grüne-Woche-Reporterin hat nämlich geschrieben, dass alle Welt Ketchup aus Werder kaufen wolle. Irgendwann werde ich den Killimanjaro besteigen und auf dem Gipfel wird mir der einheimische Führer zum Frühstück eine kleine Tüte Werder-Ketchup aus unreifen Tomaten reichen. Ein grünes Wunder.

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