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Potsdam-Mittelmark: Verwirrung um neue Anschriften

Nach der Gemeindereform will die Post die Adressangaben anpassen, doch viele Gemeinden sträuben sich

Nach der Gemeindereform will die Post die Adressangaben anpassen, doch viele Gemeinden sträuben sich Von Henry Klix Beelitz/Schwielowsee/Werder. Im Internet hat die Deutsche Post AG ein recht praktikables Postleitzahlenverzeichnis eingerichtet. Mittels Orts- und Straßenangabe wird man fündig, ohne sich durch dicke, möglicherweise nicht mehr aktuelle Zahlenwälzer zu blättern. Doch wer dort unter „Schwielowsee“ die Hauffstraße sucht, wird scheitern. Auch wenn man zusätzlich den „Ortsteil Geltow“ eingibt, wird die Suche erfolglos bleiben. So ähnlich geht es den Sortieranlagen in den deutschen Briefverteilungszentren. Die Gemeindereform hat nicht nur die Post durcheinander gebracht, in vielen der neuen Ortsteile gibt es keine eindeutigen Adressenangaben mehr. Ein Bürger aus der Berliner Straße in Fichtenwalde beschwerte sich in der Beelitzer Stadtverordnetenversammlung kürzlich bitter, dass er seine Briefe oft mit tagelanger Verspätung zugestellt bekommt, wohl weil es auch in Beelitz eine Berliner Straße gibt. So geht es auch in anderen Gemeinden zu. Und wie die neue Anschrift bei neuen Gemeindenamen zu lauten hat, ist oftmals völlig unklar. „Korrekterweise muss vor einer Postanschrift in Geltow ansich nur noch Schwielowsee stehen“, sagt der Pressesprecher der Deutschen Post AG, Rolf Schulz. Praktisch sei es im Moment allerdings besser, den alten Gemeindenamen „Geltow“ einzusetzen, „alles andere kann vielleicht zu Verzögerungen führen“, räumt er ein. Denn die Post befindet sich nach der Gemeindereform in Brandenburg in einer schwierigen Übergangsphase: Nach einer Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden ist der Gelbe Riese angehalten, im Falle von Strukturänderungen gemeinsame Postleitzahlen für die neuen Gemeinden zu finden und die Zustellbezirke anzupassen. Dazu, so Schulz, müssen aber zuerst die Kommunen ihre Hausaufgaben erledigen und Dopplungen von Straßennamen abschaffen. „alles andere würde zu einem heillosen Durcheinander führen.“ Doch so einfach, wie es sich die Post vorstellt, gestaltet sich die Sache nicht. In Beelitz etwa weigert sich Bürgermeister Thomas Wardin (SPD) standhaft, neue Straßennamen einzuführen. Fälle wie den in Fichtenwalde hält er für Einzelerscheinungen. „Zusammen mit den Ortsteilnamen gibt es eindeutige Adressenangaben“, meint er. Und wenn die Post ihre Software nicht darauf einstellen könne, verstehe er das einfach nicht. „Die zum Teil uralten Straßennamen sind doch ganz wichtige Identifikationspunkte in den Dörfern“, meint Wardin. In Werder werden die Umbenennungen unterdessen derzeit vorbereitet. „Wir wollen die alten Namen im Kern möglichst beibehalten“, so der 1. Beigeordnete Hartmut Schröder (CDU). Die acht Dorfstraßen zum Beispiel bekommen schlicht Ortsvorsätze wie „Derwitzer Dorfstraße“. Auch in Schwielowsee hat man Einsicht gezeigt, dass doppelte Straßennamen für Verwirrung sorgen könnten: 11 Straßen wurden umbenannt, zuletzt die Straße „Am Waldrand“ in Geltow in „Waldrandweg“. Doch dass nun auch die Geltower Postleitzahl (14542) an die von Ferch und Caputh (14548) angepasst werden soll, sehen die Gemeindevertreter nicht ein. Als die Post ankündigte, die Vereinheitlichung bis zum 1. Januar 2004 umzusetzen, konnte die Gemeindeverwaltung unter Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) dies nur noch knapp mit einer Untersagungsverfügung verhindern. „Wir werden keine Gemeinde unter Druck setzen“, kommentiert Postsprecher Schulz solche Entwicklungen. „Aber langfristig führt wohl trotzdem kein Weg an der Vereinheitlichung vorbei.“ Auch in Werder nicht, wo die Post statt derzeit drei gern nur noch eine Nummer für ihre Computer hätte. Laut Schulz ist es ein Auftrag für die Allgemeinheit, dass sein Unternehmen für eindeutige Adressangaben zu sorgen habe. „Zweifelsfreie Angaben benötigen ja nicht nur die Post, sondern auch die Wirtschaft, die Verwaltung, Rettungsdienste oder zum Beispiel auch Navigationssysteme für Autos“, erklärt er. Einmal im Quartal würden die postalischen Verzeichnisse – ob in gedruckter oder digitalisierter Form – deshalb aktualisiert. Nächster Termin ist im März. Und auch die Software der Lesegeräte in den Briefverteilungszentren wird in diesem Abstand auf den neuesten Stand gebracht. Die neuen Gemeindenamen würden, ohne Ortsteilangabe, allerdings erst mit einer neuen, gemeinsamen Postleitzahl einprogrammiert. Die wiederum könne es erst geben, wenn die Gemeinden ihre Probleme mit Straßenbenennungen gelöst und sich mit der gemeinsamen Postleitzahl auch einverstanden erklärt haben. So sei es derzeit noch am besten, bei den Anschriften die alten Ortsnamen zu nutzen, bekräftigt der Postsprecher. Ein bisschen bedauert Schulz , dass der Gesetzgeber in Brandenburg innerhalb der Gemeindereform lediglich eine „Empfehlung“ für die Straßenumbenennungen abgegeben habe, bei der Gemeindegebietsreform in Sachsen sei dies durch die Gesetzgebung verbindlich geregelt worden. „Da ist es natürlich klar, dass sich einzelne Kommunen wie Beelitz jetzt ein bisschen schwer damit tun.“ Zwingen kann die Post die Gemeinden auch nicht. Man setzt auf intensive Gespräche und hoffe, wie Schulz betont, auf Einsicht bei den Gemeinden, dass eindeutige Adressenangaben in ihrem ureigenen Interesse sind. Sind die Änderungen umgesetzt, würden die Bürger darüber in persönlichen Anschreiben der Post informiert. Bis dahin wird wohl ein bisschen Verwirrung bleiben. Und der Eine oder Andere wird einen oder zwei Tage länger auf seinen Brief warten, wenn bei der Angabe „Schwielowsee“ das Lesegerät versagte und von Hand nachsortiert werden musste. Im ungünstigsten Fall kann ein Brief auch mit dem Stempel „Empfängerangaben ungenau“ zurück geschickt werden. Die Kontrollmöglichkeiten für die Betroffenen sind freilich eingeschränkt. Die Frage aus der Beelitzer Stadtverordnetenversammlung an den Beschwerde führenden Fichtenwalder, wie viele Briefe bei ihm denn nicht angekommen seien, konnte dieser deshalb nur mit einem Kopfschütteln kommentieren: „Das hat mir die Post leider nicht gesagt.“

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