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Potsdam-Mittelmark: Von der Kunst, am Ast zu sägen

In Bergholz-Rehbrücke trafen erstmals die drei Bürgermeister-Kandidaten für Nuthetal aufeinander

In Bergholz-Rehbrücke trafen erstmals die drei Bürgermeister-Kandidaten für Nuthetal aufeinander Von Winfried Gutzeit Bergholz-Rehbrücke. Die heiße Phase im Wahlkampf hat auch in Bergholz-Rehbrücke begonnen. Die neue Gemeinde Nuthetal sucht ihren „Superstar“, den ersten hauptamtlichen Bürgermeister. Die Abstimmung darüber erfolgt zur Kommunalwahl in weniger als vier Wochen, am vergangenen Montagabend stellten sich im Deutschen Institut für Ernährung Potsdam-Rehbrücke die drei Kandidaten in einer gemeinsamen Diskussionsrunde vor. Für viele Alteingesessene war der bis auf den letzten Platz besetzte Konferenzsaal des Ernährungsinstituts ein historischer Ort: Hier wurde im „heißen Herbst“ 1989 Gerhard Ling (CDU) zum Bürgermeister ausgerufen. Diesmal musste er als heutiger Amtsdirektor gemeinsam mit den beiden anderen Kandidaten Rudolf Bauer (SPD) aus Saarmund und Werner Wienert (PDS) aus Bergholz-Rehbrücke auf Fragen der Öffentlichkeit Antwort geben. Alle drei hatten sich zuvor bereits in ausführlichen PNN-Interviews vorgestellt. Doch so unterschiedlich wie die drei sich präsentierten, kamen sie doch allesamt nicht an der Gretchenfrage der Kommunalpolitik vorbei: Wie finanziere ich das gemeindliche Leben? Als Verwaltungschef rechnete Ling zu Beginn am aktuellen Bergholz-Rehbrücker Haushalt vor: Hier bleiben trotz eines Volumens von 6,5 Millionen Euro nach Abzug von Kreis- und Amtsumlage und den Kreditbelastungen durch Bau von Schule und Kita noch knapp 19 Prozent zur Gestaltung übrig. Da konnte Wienert als „Mann der Wirtschaft“ und langjähriger Hotelier einhaken. Er hätte niemals ein Grundschule mit einem Leasing-Finanzierungsmodell gebaut. „Das hat die Gemeinde auf Jahre hoch verschuldet, mit mir als Bürgermeister wäre so etwas nicht passiert“, betonte Wienert. Unverständlich sei für ihn auch, warum man bei der Entwicklung des ehemaligen Spezialbaugeländes am Bahnhof zu einem modernen Gewerbegebiet noch immer auf der Stelle trete. Er habe da konkrete Vorstellungen, die den Gemeindehaushalt überhaupt nicht belasten würden, kündigte Wienert an. Diesen Eingangsbereich des Ortes bezeichnete auch Rudolf Bauer als Schandfleck. „Dafür brauchen wir unbedingt Investoren“, sagte er. Auch wenn die schwierig zu finden seien, „brauchen wir doch Visionen und dürfen nicht gleich aufgeben“, meinte der SPD-Kandidat, „Es ist dafür seit über zehn Jahren alles von uns getan worden, ohne jeglichen Erfolg“, entgegnete der Gemeindevertreter und CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Traberth. Immerhin hätten in der Arbeitsgruppe der Gemeinde alle Parteien gesessen, gab er zu bedenken. Die Kandidaten sollten schließlich eine der Kernaussagen aus ihren Wahlprogrammen erläutern. „Der Grundstein für eine Integration zur Großgemeinde wurde bereits in den Vorverhandlingen gelegt“, so Gerhard Ling. Immerhin sei diese Fusion der sechs Amtsgemeinden nicht zwingend notwendig, da nach Kommunalrecht Bergholz-Rehbrücke auch die anderen hätte eingliedern können. Auch den gemeinsamen Namen „Nuthetal“ halte er für eine gute Wahl. Zudem erhalten die Ortsteile nach der neuen Gemeindeordnung weitgehendere Rechte: „Der Ortsbürgermeister hat Rede- und Antragsrecht in der Gemeindevertretung.“ Auch die bessere Schulterung von Investitionen in den einzelnen Ortsteilen durch den gemeinsamen Haushalt sieht Ling als wesentlichen Vorteil an. „Wie wollen Sie neuen Schwung ins Rathaus bringen“, so die Frage an Rudolf Bauer. Er sei zwar mit der Arbeit der Amtsverwaltung ganz zufrieden, wünsche sich jedoch mehr Öffentlichkeit für die Mitarbeiter der Verwaltung. „Wir brauchen in der künftigen Gemeinde eine gute Internetseite, wo sich alle Ressorts vorstellen“, erläuterte Bauer. Zu seiner eigenen Person sagte er: „Als Chef einer großen Senioreneinrichtung in Berlin-Lankwitz bin ich es gewohnt, mit Menschen zu arbeiten und eine Verwaltung zu leiten.“ Zudem praktiziere er Kommunalpolitik seit fünf Jahren in der Gemeindevertretung Saarmund. Für Werner Wienert stand dann die Frage nach dem „Miteinander Verändern“. „Ich will natürlich nicht die Gemeinde nach meinem Willen verändern, sondern nach dem Willen der Bürger gestalten“, sagte er. Jedoch sei er der Meinung, dass eine Kommune genauso wirtschaftlich wie ein Unternehmen geführt werden könne. Moderator des Abends war Gerhard Violet, evangelischer Pfarrer im Ruhestand. Er konnte den Kontrahenten bisher durchaus Fairness im Umgang miteinander bescheinigen, denn für ihn ist „Opposition die Kunst, den Ast des Gegners so abzusägen, dass man hinterher selbst noch Platz darauf findet“.

Winfried Gutzeit

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