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FASS Berlin: Akademiker und Amateure

Vor 50 Jahren schoben Berliner Studenten beim FASS Berlin den Puck übers Eis, heute trainieren dort auch die Profis.

Für einen Moment könnte man denken, man sei bei den Eisbären gelandet. Thomas Supis, Andreas Schlenker und Laurin Braun stiefeln an der Bande entlang zur Eisfläche im Wellblechpalast, auf ihren Trikots reißt der Eisbär sein Maul zum Kampfgebrüll auf. Kämpfen müssen die Spieler aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) an diesem Abend aber vergleichsweise wenig: Sie sind nicht bei den Eisbären, sondern trainieren mit der Amateurmannschaft von FASS Berlin, dem Freien Akademischen Sportverein Siegmundshof. Mannschaftsleiter Peter Wagenfeldt kann immer noch nicht ganz glauben, dass der Drittligist mit den Profis trainiert: „Wenn mir vor 15 Jahren jemand gesagt hätte, dass wir den Verein einmal in diesem Ausmaß betreiben, hätte ich das niemals geglaubt.“ Wagenfeldt kam Anfang der achtziger Jahre als Sportstudent zu der Mannschaft, als sie noch im Erika- Hess-Eisstadion um Hallenzeiten kämpfte und die Spieler sich selbst gleichzeitig Trainer und Manager waren. Im Klubnamen klingt an, dass die Mannschaft, bei der junge Eisbären-Profis erste Männer-Hockey-Erfahrungen sammeln dürfen, ihre Wurzeln ganz woanders hat als im Ostberliner Leistungszentrum. Im Bierkeller des Studentenwohnheims am Siegmundshof gründete im Februar 1962 eine Handvoll Studenten der Technischen Universität einen Sportverein, ursprünglich als Fußballverein. Die Eishockeysparte riefen bayerische Studenten, die in ihrer Heimat schon reichlich Erfahrung auf dem Eis gesammelt hatten, ins Leben. „Die Akademiker“ nennen sie sich noch heute, obwohl sie ihre Spieler schon seit über 20 Jahren nicht mehr im Unisport rekrutieren. Der Verein hat eine große Nachwuchsabteilung, 300 Spieler laufen insgesamt beim FASS dem Puck hinterher.

Mittlerweile gibt es in der ersten Mannschaft zwei Typen von FASS-Spielern: Da ist die alte Garde aus ehemaligen DEL-Spielern oder Eisbären-Junioren, die meist aus Berlin stammen und den Sport als Hobby weitermachen wollen. Mannschaftskapitän Patrick Czajka, 31, etwa ist nach seiner Karriere bei verschiedenen Eishockey-Vereinen in ganz Deutschland nach Berlin zurückgekehrt. Über den Verein kam er zu seinem Beruf als Sport- und Fitnesskaufmann, arbeitet im Geschäft des 1. Vorsitzenden und fühlt sich wohl mit dem Kompromiss zwischen Sport und Beruf: „Ich bin beruflich so eingebunden, dass ich froh bin, wenn die Sommerpause kommt.“ Sein Mannschaftskollege Thomas Leibrandt ist am längsten von allen Spielern bei FASS und hat die Veränderungen in der Mannschaft seit Beginn der Kooperation 2007 beobachtet. „Das ist schon alles auf professionellem Niveau“, findet der ehemalige Eisbären-Junior und zollt der Jugend Respekt: „Man ist schon stolz auf Leute wie Supis und Schlenker.“

Die Nachwuchstalente sind die zweite Gruppe, sie verjüngen das Team und motivieren die alten Hasen. Junge Eisbären-Profis, die sonst mit amerikanischen Kollegen und Trainern zusammenarbeiten, schieben bei FASS eine Extraschicht, um reif für die DEL zu werden. „Das ist das Grundprinzip: Wir sind eine Ausbildungsmannschaft, das Sprungbrett für junge Talente“, erklärt Wagenfeldt.

Die Symbiose zwischen Eisbären und FASS soll Vorteile für beide Seiten bringen. Geld fließt zwar nicht, dafür sparen die Amateure das Material für die Profi-Spieler und nutzen Krafträume oder Videoanalyse, um ihr Training zu verbessern. Trainer Chris Lee, Sohn des Eisbären-Managers Peter-John Lee, bringt den professionellen Spirit von den Eisbären mit. Die Stimmung bei FASS muss gut sein. Laurin Braun trainiert immer noch mit, obwohl er mittlerweile zu den Stammspielern bei den Eisbären gehört. Hier ist er Spieler wie jeder andere, der beim Penaltyschießen darum spielen muss, wer kommende Woche beim Mannschaftsdienst dran ist. Zum Schluss des Trainings steht er in der Schlange mit den letzten vier Spielern, schießt aber noch rechtzeitig am Torwart vorbei. Glück gehabt – fast hätte der Profi seinen Mannschaftskollegen die Pucks hinterhertragen müssen.

Zu große Aspirationen dürfen die Akademiker aber nicht entwickeln: Der zweite Platz in der Oberliga Ost ist das höchste der Gefühle. Denn damit die Profispieler weiterhin mit einer Doppellizenz bei FASS spielen dürfen, darf der Klub nicht in die zweite Liga aufsteigen. Wagenfeldt bleibt deshalb nüchtern: „Wir sind eine gute Oberliga-Mannschaft und wir werden dafür arbeiten, dass das auch so bleibt.“ Nantke Garrelts

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