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Mäuse der vermeintlichen Art Pseudomys delicatulus

© imago/UIG

„Zarte Mäuse“ in Australien: Zwei neue Arten gefunden

Australische Mäuse haben sich in Jahrmillionen an unterschiedliche Klimazonen angepasst. Nun haben Forschende eine überraschende Entdeckung gemacht.

Sie sind winzig, perfekt angepasst und in Australien weit verbreitet – doch bei den Mäusen der Art Pseudomys delicatulus handelt es sich in Wahrheit um drei Arten. Das hat eine Gruppe von australischen Biologen herausgefunden, als sie das Erbgut von Tieren aus unterschiedlichen Regionen analysierte.

Eigentlich wollten die Forschenden herausfinden, wie sich Klimaveränderungen auf die Wanderungsbewegungen und Differenzierung von Tieren auswirkt. Der Vergleich von Genomen öffnet dabei ein Fenster in die Vergangenheit: „Er ermöglicht es uns, die Evolutionsgeschichte der Arten und der Umgebungen, in denen sie lebten, zu rekonstruieren“, schreiben sie in „Molecular Ecology“.

Auf dem australischen Kontinent existiert eine große Spannbreite von Ökosystemen, die von der Wüste in Zentralaustralien bis zu tropischem Regenwald im nördlichen Queensland reicht. Zugleich ist die Tierwelt sehr divers: Beuteltiere und viele Pflanzen stammen noch vom Großkontinent Gondwana, der vor 150 Millionen Jahren begann zu zerfallen. Daneben gibt es die Abkömmlinge von Arten, die erst später eingewandert sind.

Angepasst in fünf Millionen Jahren

Zu ihnen gehören auch die Gruppe „Pseudomy“ – eine Gruppe verschiedener kleiner Mäuse, die sich in den letzten fünf Millionen Jahren herausgebildet und an die verschiedenen Klimazonen in Australien angepasst haben. Seit die Europäer 1788 zusammen mit größeren Mausverwandten den Kontinent eroberten, sind die Winzlinge unter Druck geraten.

Um ihre Vergangenheit nachzuvollziehen, sammelten die Forschenden Proben von vier Arten aus der Gruppe, insgesamt von 1111 Tieren. Sie stammten aus verschiedenen Regionen und Sammlungen in Museen. Dann vergleichen sie an 1310 Stellen im Genom die Sequenzen.

Durch die Analyse konnten sie erkennen, ob Populationen in der Vergangenheit angewachsen oder geschrumpft waren. Demnach hatte sich der Wüstenspezialist P. hermannsburgensis weiter ausgebreitet. Dagegen war die Population von P. bolami , an halb-trockenen Gebiete angepasst, geschrumpft. Anhand von Klimamodellen könnten die Forschenden sogar Prognosen erstellen, welche Gebiete die Arten künftig besiedeln werden.

Zwei neue Arten

Eine Überraschung gab es bei der vermeintlichen Art Pseudomys delicatulus – es sind die kleinsten Tiere aus der Gruppe: Hier handelt es sich in Wahrheit um drei verschiedene Arten. Äußerlich sind diese kaum voneinander zu unterscheiden. Die Tiere wiegen im Schnitt gerade mal sieben Gramm und messen von der Nasenspitze bis zur Schwanzwurzel nur fünf bis sieben Zentimeter. Wegen ihrer geringen Größe nennt man sie „delicate mice“, übersetzt „zarte oder zierliche Mäuse.“

Tatsächlich aber hat sich schon vor 620.000 Jahren eine im Westen lebende Gruppe abgespalten und seither getrennt von den anderen fortgepflanzt: Die Forschenden nennen sie nun Pseudomys pilbarensis, nach der Region Pilbara in Westaustralien. Eine weitere Aufspaltung gab es vor ungefähr 480.000 Jahren, in eine nördliche und eine östliche Linie.

Lange unentdeckt: Die australische Maus Pseudomys pilbarensis.

© Ian Bool

„Dank neuer Gentechnik haben wir bestätigt, dass es sich bei der „delicate mouse“ um drei Arten handelt, nicht um eine“, wird die Hauptautorin Emily Roycroft von der Australian National University in einer Mittelung zitiert. „Die beiden neuen Arten wurden bisher weder von der Forschung noch vom Naturschutz beachtet, weil wir nicht wussten, dass es sie gibt.“ So sei zum Beispiel nicht bekannt, ob ein Rückgang der Populationen unentdeckt geblieben ist, weil alle drei Arten als eine betrachtet wurden.

Laut Roycroft unterscheidet sich die zarte Maus in einigen wichtigen Punkten von den Mäusen, die man in Australien im Haus oder Hinterhof antreffe: „Hausmäuse und Ratten sind invasive Arten, die seit der europäischen Kolonisierung nach Australien gebracht wurden. Sie unterscheiden sich sowohl evolutionär als auch ökologisch stark von den einheimischen Nagetieren.“ Gleichwohl konkurrierten die europäischen Mäuse mit den einheimischen Arten um Ressourcen. Ob und wie sich die australischen Mäuse daran anpassen werden, bleibt abzuwarten.

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