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Bis das Gesetz in Kraft tritt, dürfte es voraussichtlich noch Jahre dauern (Symbolbild).

© dpa/Christian Charisius

Es drohen hohe Strafen: EU-Lieferkettengesetz soll besonders strenge Vorschriften bekommen

Die EU-Parlamentarier haben für ein strenges Lieferkettengesetz gestimmt. Kritik kommt aus der Wirtschaft, Umweltverbände begrüßen den Vorstoß.

Das EU-Parlament wird sich in den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten über ein Lieferkettengesetz für besonders strenge Vorschriften für Unternehmen einsetzen.

Die Abgeordneten in Brüssel stimmten am Donnerstag für Regeln gegen Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung, die noch über das von der EU-Kommission vorgeschlagene Niveau hinausgehen. Aus der Wirtschaft kam scharfe Kritik daran – Umweltschützer zeigten sich erfreut.

Wie das Parlament mitteilte, sollen Unternehmen mit Sitz in der EU in allen Sektoren mit mehr als 250 Angestellten und mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz weltweit unter das Gesetz fallen.

Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU sollen sich ebenfalls an die Vorschriften halten müssen, wenn sie mehr als 150 Millionen Euro umsetzen und mindestens 40 Millionen Euro davon in der EU generiert werden.

Diese Unternehmen wären dann verpflichtet, negative Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln „und erforderlichenfalls zu verhindern, zu beenden oder abzumildern“, erklärte das Parlament.

Außerdem müssen sie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards auch bei ihren Partnerunternehmen in der Wertschöpfungskette überwachen. Dazu gehören Lieferanten, Vertriebspartner, Transportunternehmen, Lagerdienstleister oder auch die Abfallwirtschaft.

Das Parlament will sich außerdem dafür einsetzen, dass sich die Unternehmen für die Reduzierung von CO₂-Emissionen entlang ihrer Lieferketten einsetzen müssen.

Bis 2050 sollen die Wertschöpfungsketten dann „klimaneutral“ gestaltet sein. Dies soll insbesondere dafür sorgen, dass Unternehmen klimaschädliche Aktivitäten nicht ins außereuropäische Ausland verlagern, um Klimaregeln in der EU zu umgehen. Bei Verstößen drohen Strafen von über fünf Prozent des Jahresumsatzes.

Wirtschaftsverband beklagen „Bürokratiemonster“

Wirtschaftsverbände kritisierten die Parlamentseinigung scharf: Der Verband der Chemischen Industrie nannte die geplanten Regelungen „nicht praxistauglich“.

Die Einigung schieße „irrwitzig an der Realität von Unternehmen in Europa und ihren weltweiten Zulieferbetrieben vorbei“, befand der Verband der Familienunternehmer. Es handle sich um ein „Bürokratiemonster“, das „gestoppt“ werden müsse, erklärte der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie und die Deutsche Industrie- und Handelskammer hatten vorab bereits gefordert, das gesamte Gesetzesverfahren zu stoppen.

Kritik aus Union und FDP

Insbesondere die CDU- und CSU-Delegation im Europaparlament hatte sich daraufhin und bis zuletzt für weniger strenge Vorschriften eingesetzt. Etwa sollten Subunternehmer sowie der Finanzsektor ausgenommen werden und nur größere Unternehmen betroffen sein. Die entsprechenden Änderungsanträge fanden jedoch keine Mehrheiten und die Abgeordneten stimmten gegen das Gesetz.

Auch die FDP-Delegation im Europaparlament unterstützte den Gesetzentwurf nicht. Denn er würde die staatliche Verantwortung für Menschenrechte und Umweltschutz auf „Unternehmen abwälzen“, kritisierte die Abgeordnete Svenja Hahn.

Grüne, Sozialdemokraten und Linke begrüßten die Abstimmung hingegen als „wegweisend“ und „zentralen Baustein für eine neue Art des Wirtschaftens in Europa“.

Umweltorganisationen begrüßen Entscheidung

Auch Umweltorganisationen wie der BUND und die Deutsche Umwelthilfe begrüßten die Parlamentsentscheidung. Der WWF sprach von einem „Meilenstein auf dem Weg zu einer neuen Ära der Unternehmensverantwortung in Europa“. Die Organisation begrüßten insbesondere, dass das Parlament auch den Finanzsektor zum Schutz von Umwelt und Menschenrechten verpflichten will.

Die EU-Kommission hatte das Gesetz im vergangenen Februar vorgeschlagen. Die 27 Mitgliedstaaten einigten sich im Dezember auf eine Position, die den Vorschlag der Kommission etwas abschwächen würde. Für die abschließenden Verhandlungen zwischen Mitgliedstaaten und EU-Parlament fehlte noch die Positionierung der Abgeordneten.

In Deutschland gilt bereits seit Januar ein nationales Lieferkettengesetz. Voraussichtlich werden die Vorgaben aus dem EU-Gesetz aber deutlich darüber hinausgehen. Etwa deckt das deutsche Gesetz nicht den Finanzsektor ab und greift zunächst nur bei Unternehmen ab 3000, ab kommendem Jahr ab 1000 Beschäftigten. Auch die vorgesehenen Strafen bei Verstößen sind mit bis zu zwei Prozent des Jahresumsatzes deutlich niedriger angesetzt.

Bis die Verhandlungen zwischen Parlament und Mitgliedstaaten abgeschlossen sind und das Gesetz in Kraft tritt, dürfte es voraussichtlich aber noch Jahre dauern. (AFP)

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